nd-aktuell.de / 30.07.2014 / Berlin / Seite 9

Senat startet Stimmungstest zu Olympia

Auf der landeseigenen Homepage gibt es eine Umfrage, die bisher kaum jemand bemerkte

Robert D. Meyer
Der Senat fragt die Bürger in einer Abstimmung, was diese von einer Olympiabewerbung Berlins halten. Ein Nein zu den Spielen ist nicht vorgesehen, die Opposition spricht deshalb von einer Mogelpackung.

Gäbe es nicht einige aufmerksame Internetnutzer, wie den LINKEN-Landeschef Klaus Lederer, die Berliner wüssten vielleicht nichts von der neuen Demokratieinitiative des Senates. Auf der landeseigenen Webseite berlin.de startete die Senatskanzlei vor einigen Tagen eine »Befragung zur Grundausrichtung einer möglichen Bewerbung Berlins für Olympische und Paralympische Spiele«. Nicht nur von dem sperrigen Titel hat bisher allerdings kaum jemand etwas mitbekommen, denn die Umfrage wird bis jetzt kaum öffentlich beworben. Nicht einmal eine Pressemitteilung der Senatskanzlei gibt es.

Vielleicht ist das auch besser so, findet Lederer, der die Onlinebefragung am gestrigen Dienstag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter kritisierte und damit öffentlich verbreitete. Bereits der Titel »Berlin kann Olympia« verrät viel über das vom Senat erhoffte Meinungsbild: Keine der neun Fragen dreht sich darum, ob die Berliner die Olympischen Sommerspiele überhaupt wollen. Ein Stimmungstest, ohne etwas über die Haltung der Berliner zu einer möglichen Bewerbung erfahren zu wollen. Stattdessen will der Senat von den Bürgern wissen, ob die Spiele von einem gleichzeitigen Angebot für den Breitensport begleitet werden sollten und eine Bewerbung ein nationales Projekt darstellt.

»Das Ganze sieht eher wie eine Alibibefragung anstatt nach mehr Bürgerbeteiligung aus«, kritisiert Lederer im »neuen deutschland«. Der LINKEN-Chef fragt sich, ob dies die neue Form der Beteiligung ist, die die SPD nach dem erfolgreichen Volksentscheid zum Tempelhofer Feld versprochen hatte? »Solche eine Befragung besitzt keinerlei Aussagekraft«, so Lederer.

Wichtiger als solch eine Meinungsbild wäre es, über die Rahmenbedingungen wie die zu erwartenden Milliardenkosten zu sprechen. Ähnlich sieht dies die sportpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Gabriele Hiller: »Die Online-Befragung ist der peinliche Versuch, Bürgerbeteiligung zu simulieren, um nachträglich Senatshandeln zu legitimieren.«

Auch bei den Grünen bewertet man den Fragebogen eher als unüberlegten Schnellschuss. »Ich hoffe, dieser Fragebogen ist als schlechter Scherz gemeint«, kommentiert Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek im »nd« die Befragung. »Wenn das die versprochene neue Form der Bürgerbeteiligung sein soll, wirkt das auf mich eher wie eine Verhöhnung der Berliner.« Zwar hat Kapek nichts gegen eine Onlinebefragung, diese reiche für eine breite öffentliche Debatte über ein Großprojekt wie die mögliche Olympiabewerbung aber bei weitem nicht aus. Vielmehr brauche es mehr Diskussionsveranstaltungen und Expertenrunden, bei denen sich die Bürger überhaupt erst eine Meinung bilden können.

Darum gehe es auch dem Senat, erklärt Vizesenatssprecher Bernhard Schodrowski auf Nachfrage. Mit dem Verzicht auf eine einfache Entscheidungsfrage wolle der Senat »zum jetzigen Zeitpunkt eine plakative Antwort vermeiden« und die Berliner zum Nachdenken anregen. »Wir wollen mit der Befragung ein erstes Stimmungsbild einholen und schauen, ob unser Grundkonzept den richtigen Ansatz verfolgt«, sagt Schodrowski. Wie viele Berliner an der Befragung bereits teilgenommen haben, konnte er nicht sagen.