FC Bayern will Strahlkraft erhöhen

Markt der unbegrenzten Möglichkeiten: Die Münchner wollen Amerika erobern

  • Maik Rosner, München
  • Lesedauer: 4 Min.
Die Werbetour des FC Bayern München in die USA markiert einen Strategiewechsel bei der Auslandsvermarktung - der Verein verspricht sich vom großen Aufwand eine weltweite Strahlkraft.

Die unglückliche Gesangseinlage deutscher Nationalspieler bei den Feierlichkeiten nach dem Gewinn des Weltmeistertitels stand noch bevor, da hatte der FC Bayern schon für sein eigenes »Gaucho-Gate« gesorgt. George Walden war dafür zuständig gewesen, drei Tage vor dem WM-Finale. Der Sprecher der »fcb.tv news« begnügte sich nicht mit einer Spöttelei, er schmiss die Fahne Argentiniens am Ende seiner hauseigenen Internetsendung gleich einmal hinterrücks weg. Das war weder nett noch politisch korrekt, es hat aber für keine ähnlich aufgeregte Debatte gesorgt wie der sogenannte Gauchotanz der DFB-Kicker in Berlin. Vermutlich auch, weil George Walden Amerikaner ist und zudem aus einer Nische funkt. Er moderiert die, nun ja, Nachrichten des FC Bayern auf der speziell für die USA konzipierte Website fcbayernmunich.com.

An diesem Mittwoch bricht der deutsche Branchenführer zu seiner ersten PR-Tour durch die USA seit acht Jahren auf, und diesmal ist es den Münchnern sehr ernst mit dem Markt der unbegrenzten Möglichkeiten. »Ziel ist es, die Marke FC Bayern München in Nordamerika noch stärker zu positionieren«, heißt es dazu im PR-Sprech. Etwas konkreter äußert sich Jörg Wacker, seit rund einem Jahr Vorstand für Internationalisierung. Weltweit 300 Millionen Menschen sympathisierten mit dem Verein, verweist Wacker auf eine Studie. Diese Menschen wolle man zu echten Fans machen, erklärt er, und man verfolge »natürlich auch monetäre Ziele«. Oder vor allem. »Wir wollen den Markennamen von Bayern München bekannter machen. Darüber hinaus wollen wir natürlich auch finanziellen Nutzen in den Bereichen Sponsoring und Merchandising ziehen«, sagte der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge.

Der FC Bayern möchte also seinen ganz eigenen amerikanischen Traum mit Leben füllen. Der US-Sportmarkt gilt als der härteste weltweit. Wer es dort schafft sich durchzusetzen, profitiert auch von der globalen Strahlkraft und hat es anderswo leichter, so die hoffnungsvolle Rechnung der Münchner. Der Fokus hat sich verschoben, der neuntägige Trip ist der auffälligste Beleg ihres Strategiewechsels bei der Auslandsvermarktung. Statt nach Asien geht es nun vorrangig westwärts.

Die halbe Milliarde Euro an Jahresumsatz ist bereits in Sichtweite: 431,2 Millionen Euro wies die letzte Bilanz aus. Mit der Eroberung des US-Markts und dessen Wirkung soll der Sprung in den zehnstelligen Bereich zumindest langfristig in Angriff genommen werden. Der Zeitpunkt dafür scheint gerade besonders günstig, und das Potenzial enorm. Rund 60 Millionen Fußballfans soll es in den USA geben, 15 Millionen davon sollen sich bereits für den FC Bayern interessieren.

Deutschlands Gewinn des WM-Titels mit sieben Bayern-Profis und der gleichzeitige Hype um die Auftritte von Jürgen Klinsmanns US-Team in Brasilien stützen nun das Ansinnen der Münchner. Es gilt aufzuholen bei der internationalen Vermarktung, vor allem im Vergleich zur englischen Premier League. Die USA erscheinen Wacker als die am besten geeignete Bühne, um den FC Bayern zur Weltmarke zu formen und internationale Partner zu gewinnen. Fußball sei in dort »eine Rakete auf der Startrampe«, sagte der Sportsoziologe Rich Luker jüngst dem Spiegel.

Der Aufwand, den die Münchner deshalb betreiben, ist enorm. Am 1. April wurde das erste Auslandsbüro eines Bundesligisten eröffnet, in New York City, an einer der besten Adressen Manhattans. Ein Online-Fanshop und die Website, beide mit eigener Logistik und Infrastruktur in den USA, sollen den Zugang zum FC Bayern ebenso erleichtern wie eine App und ein eigener YouTube-Kanal. Public Viewings, Fußballcamps und vor allem die Werbetour von Pep Guardiolas Mannschaft sind weitere Bausteine. Neben den Testspielen gegen Chivas Guadalajara aus Mexiko in New Jersey am Donnerstag und die Allstars der Major League Soccer am Mittwoch darauf sind zahlreiche PR-Termine vorgesehen. Nicht nur durch die aktuellen Profis, sondern auch durch bekannte Gesichter aus der Vergangenheit wie Franz Beckenbauer. Die nach Toni Kroos’ Abgang verbliebenen sechs Münchner Weltmeister werden sogar zum zweiten Testkick extra eingeflogen.

Weitere Märkte will der FC Bayern bei seiner Globalisierungsstrategie natürlich auch erobern. Ein eigenes Büro in China ist längst vorgesehen, Südamerika als eines der nächsten Ziele angedacht. Im Fokus stehen aber die USA. Ob sich der Aufwand lohnt? Beim FC Bayern sind sie sehr zuversichtlich. Auch, weil man vom kommenden Jahr an auf einen weiteren Schub auf dem neuen Markt hoffen darf. Dann werden die Bundesliga und ihr Zugpferd live in 90 Millionen US-Haushalten zu sehen sein.

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