Machtwechsel bei Oligarchen

In der Ukraine steht der Nachfolger Rinat Achmetows schon in den Startlöchern

  • Axel Eichholz, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.
Der einst mächtigste Oligarch der Ukraine, Rinat Achmetow, ist zwischen die Fronten geraten. Da er sich sowohl mit Moskau als auch mit Kiew gut stellen will, verliert er an Einfluss.

Er ist der reichste Mann der Ukraine, verliert aber derzeit schnell an Geld und Einfluss: Rinat Achmetows Telefongesellschaft Ukrtelekom wird derzeit auf der Krim auf einen anderen Namen nach russischen Vorschriften umgemeldet. »Naschtelekom« soll sie künftig heißen, abgeleitet von der Kreml-Parole »Krim nasch« (Die Krim ist unser). Das gab kein geringerer als der amtierende Präsident der ex-ukrainischen Halbinsel, Sergej Axjonow, bekannt. Achmetow hatte sich geweigert, den russischen Normen zu folgen, doch dann drohten die Behörden ihm mit Verstaatlichung und er lenkte ein.

Prompt folgte ein Zwischenruf seines langjährigen Rivalen Igor Kolomoiski. Der Besitz jener Oligarchen, die mit Russland zusammenarbeiten, solle enteignet werden, forderte er. Kolomoiski hatte sich von Anfang an auf die Seite Kiews geschlagen und wurde Gouverneur des Gebiets Dnjepropetrowsk.

Achmetow taktierte dagegen zwischen den Konfliktparteien. Anfangs unterstützte er die selbst ernannten »Volksrepubliken«. Deren Führer verlangten aber Steuern von ihm und drohten anderenfalls mit der Verstaatlichung seiner Fabriken. Achmetow hatte seinerzeit die Partei der Regionen als Hauptstütze seiner Macht aus dem Boden gestampft und dem früheren Präsidenten Viktor Janukowitsch zur Verfügung gestellt. Nach dessen Sturz verlor auch die Partei ihr Gesicht. Derzeit ist nicht sicher, dass sie bei der kommenden Rada-Wahl im Herbst den Sprung ins Parlament schafft.

Heute ist Achmetow, dem auch der Fußballclub Schachtjor Donezk gehört, der meistgehasste Mann der Ukraine. Rivalisierende Oligarchen wollen ihn aus der Ostukraine hinausekeln. Die neuen Kiewer Machthaber verdächtigen ihn, die Aufständischen im Anfangsstadium finanziert zu haben. Die Ukrainer in Kiew tragen ihm nach, dass er - anders als Kolomoiski - die Finanzierung nationalbewusster Verbände verweigerte. Die Separatisten bezichtigen ihn des Verrats. Er hatte sich früher zur Föderalisierung der Ukraine bekannt, warb aber später für einen Einheitsstaat und weigerte sich, sich offen zur Donezker Volksrepublik zu bekennen. Einziger Ausweg wäre das Londoner Exil, kommentiert die Moskauer Tageszeitung »Kommersant«.

Freilich würde dies an das traurige Schicksal des russischen Oligarchen Boris Beresowski erinnern, der in seinem Londoner Haus tot aufgefunden wurde - unter ungeklärten Umständen. Beresowski verlor am Ende fast sein ganzes Kapital. Achmetow besitzt dagegen laut dem Wirtschaftsmagazin »Forbes« immer noch 15 Milliarden Dollar (11 Milliarden Euro). Damit könne er sich »einige Dutzend Abgeordnete« der Klitschko-Partei Udar kaufen, meint der Kiewer Politologe Alexander Ochrimenko. Achmetow warte erst einmal ab. Wenn sich die Mehrheit der Rada-Abgeordneten hinter Präsident Petro Poroschenko stelle, werde er ihn unterstützen.

Gerüchte besagen, Achmetow verkaufe seine Immobilien in Kiew. Büros würden geschlossen und die Manager verließen Gebäude in Donezk. Dort war seine Öl- und Gasgesellschaft untergebracht. Außerdem stehe Umanfermmasch, ein großer ukrainischer Landmaschinenhersteller, zum Verkauf. Achmetow wolle die Betriebe in seiner Heimat loswerden, heißt es. Kürzlich erklärte der ukrainische Sicherheitschef Valentin Naliwaitschenko, der Oligarch habe keinen ernsthaften Einfluss auf die Ostukraine mehr. In dem Fall brauche ihn auch in Kiew niemand.

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