Belegschaft bleibt nur die Hoffnung

Ende der »l’Unita«

  • Anna Maldini
  • Lesedauer: 3 Min.

Vor 70 Jahren riskierte man die Todesstrafe, wenn man im faschistischen Italien die Tageszeitung »l’Unità« druckte oder vertrieb. Und trotzdem haben mutige Menschen sie auch in jenen Jahren am Leben erhalten. Am 1. August hat die »l’Unità« (Einheit), die Tageszeitung, die vor 90 Jahren von Antonio Gramsci gegründet wurde, ihr Erscheinen eingestellt. Das Blatt, das bis 1990 Parteiorgan der italienischen Kommunisten war, ist pleite und eine Rettung ist nicht in Sicht.

Am vorletzten Tag ihres Erscheinens konnte man auf der Titelseite »Sie haben die ›l’Unità‹ getötet« lesen. Mit »Sie« sind die Aktionäre der Zeitung gemeint, denen es nicht gelungen ist, das Geld für einen Neuanfang aufzutreiben. Tatsächlich hat die Zeitung, die sich als »links« und »unabhängig« bezeichnete, in den letzten Jahren immer mehr Leser verloren und von den etwa 300 000 der besten Jahre sind jetzt gerade mal 20 000 übriggeblieben. Der Schuldenberg ist enorm und liegt bei 13 Millionen Euro. »Wir haben von allen, Unternehmern wie Politikern, Verantwortungsgefühl und Transparenz gefordert. Aber wir haben nur Unverantwortlichkeit und trübe Wasser erhalten«, schrieb das Redaktionskomitee in der letzten Ausgabe vom vergangenen Donnerstag. Und weiter: »Heute ist ein Tag der Trauer für die Gemeinschaft der ›l’Unità‹ und für die Demokratie«.

Die Zeitung war in den Jahren ihres Bestehens immer mehr als »nur« ein Nachrichtenblatt. Der Intellektuelle Antonio Gramsci gründete sie 1924 als Organ der neuen PCI, der kommunistischen Partei Italiens. Im Faschismus war sie ein ganz wichtiges Instrument des Widerstandes und des Kampfes gegen die Nazibesatzung. 1946 kündigte sie groß das Ergebnis des Referendums an, mit dem sich die Italiener gegen die Monarchie und für die Republik entschieden. Später, als die Einheitsfront der demokratischen Parteien zerschlagen war, verboten viele Unternehmern ihren Arbeitern, die »l’Unità« mit in die Fabriken zu nehmen. Und mit den Wahlerfolgen der Kommunisten in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts wuchs auch die politische Bedeutung des Blatts: Viele große Parteiführer - von Massimo D’Alema bis Walter Veltroni - waren Chefredakteure der Zeitung, bevor sie Parteivorsitzende wurden.

Und dann darf man auch die Pressefeste nicht vergessen, die nicht nur politisch sondern auch kulturell für Italien sehr wichtig waren. Es gibt wohl kaum einen namhaften Musiker im Mittelmeerland der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, der seine Karriere nicht auf den Bühnen dieser Feste begann. Die Italiener konnten hier internationale und auch »exotische« Luft schnuppern, wenn sie die Stände der »Bruderparteien« besuchten, die aus allen Teilen Europas aber auch aus Afrika, Amerika oder Asien kamen, um ihren politischen Kampf aber auch ihr Land zu präsentieren.

Und das alles soll jetzt vorbei sein? Die Belegschaft der Zeitung hat noch Hoffnung und will mit dem Insolvenzverwalter nach neuen Investoren suchen. Und so stand dann am 31. Juli, dem (vorläufig?) letzten Erscheinungstag, in übergroßen Buchstaben der Satz: »L’Unità é viva«: Die Unità lebt.

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