Kranke kämpft gegen Patentrecht

Südafrikanerin fordert Tuberkulosemedikament für alle Betroffenen

  • Anne Gonschorek, Kapstadt
  • Lesedauer: 2 Min.
Eine Südafrikanerin überlebte nur knapp die gefährlichste Form von Tuberkulose. Nun kritisiert sie Südafrikas Patentrecht, weil das Medikament, das sie rettete, für die meisten nicht bezahlbar ist.

Bei der 23-Jährigen Phumeza Tisile wurde die Krankheit 2010 diagnostiziert. Da war sie 20 und musste ihr Studium unterbrechen. Sie hatte Tuberkulose. »Ich war geschockt, weil ich niemanden kannte, der TB hat und wie ich HIV-negativ bin«, erzählt sie heute. »Viele Menschen glauben, dass, wenn du TB hast, du auch HIV-positiv bist, so funktioniert es aber nicht.«

Trotz ärztlicher Hilfe besserte sich ihr Zustand lange nicht. Fünf Monate behandelte man sie auf »normale« Tuberkulose (TB), danach auf TB, die mehrfach medikamentenresistent ist (MDR-TB) und dann auf weitgehend medikamentenresistente TB (XDR-TB) - die gefährlichste Tuberkuloseform, die meist mit dem Tod endet. Zweimal wurde die Diagnose geändert, monatelang erhielt Phumeza die falschen Medikamente, ein Versehen, dass sie das Gehör kostete. Dann traf sie Ärztin Jennifer Hughes von Ärzte Ohne Grenzen. Die Organisation unterstützte 21 Erkrankte im Kapstadter Township Khayelitsha mit einer speziellen XDR-TB-Kur. In den folgenden zwei Jahren musste sie 20 Tabletten pro Tag schlucken. Nachdem Phumeza drei Jahre gegen die tödliche Infektionskrankheit gekämpft hatte und sie mit Glück letztes Jahr besiegte, fordert sie die Regierung auf, den Notstand der Tuberkulosesituation anzuerkennen. »Es verbreitet sich wie ein Buschfeuer und erhält nicht die Aufmerksamkeit, die es benötigt.«

Das Medikament, das Hughes verwendet hatte, war nicht für den Gebrauch gegen Tuberkulose gedacht. Trotzdem rettete Linezolid Phumeza das Leben. Viele Menschen in Südafrika haben nicht so viel Glück. Linezolid ist teuer; mit 700 Rand (49 Euro) pro Tablette kostet die zweijährige Behandlung eines Patienten 35 000 Euro. Linezolid ist in Südafrika patentiert und wird nur von einer Firma hergestellt. Es gibt zwar ein günstigeres Nachahmer-Präparat, doch das ist in Südafrika nicht erhältlich. Phumeza überlebte, doch sie kennt viele, die starben. Deshalb entschied sie sich, mit ihrer Doktorin das Manifest »Test Me, Treat Me« (Untersuch mich, behandle mich) zu schreiben.

Sie fordern, dass jeder Zugang zu Untersuchungen und Behandlungen von medikamentenresistenter TB haben sollte. Und sie verlangen finanzielle Unterstützung. Sie schätzen, dass jährlich 1,3 Milliarden Euro fehlen, um genug Hilfsmittel zu beschaffen.

Im März fanden Phumezas Anstrengungen auf dem Weltgesundheitsgipfel in Genf Gehör. Mit 55 000 Unterschriften präsentierte sie ihr Manifest Gesundheitsministern der ganzen Welt. Aber das Patentrecht in Südafrika hat sich noch immer nicht geändert. Derzeit sind südafrikanische Wissenschaftler jedoch Teil einer internationalen Forschungsgruppe, die eine effektivere, günstigere und schneller wirkende TB-Behandlung suchen. Laut Rod Dawson, Leiter der klinischen Forschungsabteilung an der Universität Kapstadt, könnte die Dauer der Behandlung von sechs auf vier Monate verkürzt werden. Ergebnisse der Tests werden erst 2018 erwartet.

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