Neuer Name für Platz am Landtag

Hannover: Hannah Arendt statt Hinrich Wilhelm Kopf

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 2 Min.

Niedersachsens Landtag bekommt eine neue Adresse. Künftig heißt das Areal vor dem Leineschloss nicht mehr Hinrich-Wilhelm-Kopf-Platz. Das Schild mit dem Namen des einst hoch geehrten SPD-Ministerpräsidenten kommt weg. Es weicht einem neuen, das mit der Aufschrift »Hannah-Arendt-Platz« an die in Hannover geborene jüdische Publizistin erinnert. Das hat am Montag ein Bezirksrat der Stadt beschlossen. Anlass für die Umbenennung sind Kopfs Verstrickungen in Machenschaften des Hitler-Regimes, die erst spät ans Tageslicht kamen. Die Politologin Teresa Nentwig hatte 2012 aufgezeigt, inwieweit Kopf für das NS-Regime tätig war. In Polen arbeitete er in der »Haupttreuhandstelle Ost«. Deren Aufgabe war es, das Vermögen deportierter Juden zugunsten des »Reiches« zu verwerten und die »Arisierung« der Wirtschaft zu betreiben. Bekannt wurde unter anderem, dass Kopf sich damit brüstete, Grabsteine eines jüdischen Friedhofs gewinnbringend verkauft zu haben - zum Zermahlen für den Straßenbau.

Kopf war erster Ministerpräsident Niedersachsens, übte dieses Amt bis zu seinem Tode 1961 mit Unterbrechungen aus. Sein Engagement für die Hitlerdiktatur und auch die Tatsache, dass er den Landtag auf Fragen dazu belogen hatte, führte zu dem Entschluss, den Platz umzubenennen.

Die Mehrheit im rot-grün geführten Bezirksrat entschied sich für Hannah Arendt als neue Namensgeberin. Sie war 1906 im hannoverschen Arbeiterviertel Linden geboren worden, hatte Philosophie und Theologie studiert, war aktive Gegnerin des Nationalsozialismus, kam in Haft, konnte aber in die USA fliehen. Als Professorin befasste sie sich dort mit den Auswirkungen totalitärer Systeme und nahm kritisch zur Kommunistenverfolgung durch Senator McCarthy Stellung, und publizierte zum Prozess gegen den ehemaligen SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann im Jahre 1961.

Die CDU stimmte gegen den neuen Namen; sie wollte den Platz »Am Landtag« nennen. Einig war sich der Rat, am Platz eine Tafel anzubringen, die über die Gründe der Umbenennung informiert.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal