Femme fatale total

Im Kino: »Sin City 2 - A Dame To Kill For« von F. Miller und R. Rodriguez

  • Tobias Riegel
  • Lesedauer: 3 Min.

In Sin City geht der Fall Out nieder. Es ist nur Schnee, doch in diesem Sündenbabel wirkt selbst dessen unschuldiges Weiß so giftig und gefährlich wie der Niederschlag eines todbringenden, radioaktiven Ascheregens. Zum Sterben und Leiden braucht es den aber gar nicht, denn auch und vor allem in Sin City gilt: Die Hölle, das sind die Anderen. Sadistische Senatoren, selbstmörderische Privatschnüffler, glatte Greenhorns, bis an die Zähne bewaffnete Amazonen, entwaffnend schöne Gogo-Girls und eiskalte Vamps, die einem Helmut-Newton-Katalog entsprungen scheinen - das ist das Personal, mit dem die Regisseure Robert Rodriguez und Frank Miller in »Sin City 2 - A Dame To Kill For« die von Fans fast religiös verehrte Comicvorlage Millers umsetzen. Auf ihren finsteren Film-Noir-Trip haben sie mit Eva Green, Josh Brolin, Mickey Rourke, Jessica Alba, Bruce Willis, Powers Boothe und Joseph Gordon-Levitt eine erstklassige Besetzung mitgenommen.

Ava (Green) ist jene titelgebende, atemberaubende, die Männer nutzende und tot zurücklassende »Dame«: »Die Göttin hält sich keine Lover, sie hält sich Sklaven«, heißt es über sie. Ihr bedauernswerter Ex-Mann, der zerknitterte Detektiv Dwight (Brolin), lässt sich dennoch gerne vor ihren intriganten Karren spannen. Marv (Rourke) muss gleich als Filmeinstieg ein halbes Dutzend Halbstarke beiseite (und bis ins Jenseits) wischen, als seien sie lästige Fliegen. Derweil ruft einer der fiesesten Politiker der Filmgeschichte, der nachtragende Senator Roarke (Booth), zur Pokerrunde - und ist gar nicht amüsiert, als ihn der junge und (noch) hübsche Neuling Johnny (Gordon-Levitt) am Spieltisch bis auf die Unterhose auszieht.

Die Stadt ist ein schon in der Comicvorlage durchkomponierter, künstlicher Schwarz-Weiß-Kosmos, aus dem alle Farben getilgt sind - bis auf ein sattes Rot hier und da. Das Blut aber spritzt in diesem rein computergenerierten Ort weiß - wie der bedrohliche Schnee.

Es ist also alles beim Alten in der Mörder-Metropole - und genau das ist das Problem. Rodriguez und Miller konnten das im Vorgänger »Sin City« angelegte Niveau halten, was das Drei-Sterne-Ensemble, die sehr spezielle Ästhetik und die hoffnungslose Atmosphäre angeht. Wer den ersten Teil nicht kennt, wird von dieser Mischung aus Grafik, Gewalt und nackten Brüsten in den Bann gezogen.

Für alle anderen ist die Fortsetzung enttäuschend, da sie dem (zumindest formal) Maßstäbe setzenden ersten Teil bis auf die geschmackvoll eingesetzte 3-D-Technik nichts hinzufügen kann. Das wirft auch ein kritisches Licht auf die erzählerische Vorlage. Denn allzu stark kann die Story nicht sein, wenn sie stets nach ästhetischer Steigerung verlangt, um weiterhin zu bestehen.

Und so stößt hier einiges auf, was im ersten Teil noch begeisterte: die holzschnittartigen Typen mit ihren »echten« Männerfreundschaften, das zwischen »Opfer« und »Femme fatale total« wechselnde Frauenbild, die auf die Spitze getriebene Gut-Böse-Trennung und das permanente großstadt-romantische Geraune aus dem Off.

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