Vergiftete Atmosphäre

Der VfB Stuttgart spielt 2:2 in Dortmund und entlässt Manager Fredi Bobic

  • Maximilian Haupt und Heinz Büse, Stuttgart
  • Lesedauer: 3 Min.

Der unerwartete Punktgewinn beim Vizemeister Borussia Dortmund war am Tag nach der Entlassung von Fredi Bobic in Stuttgart nur ein Thema am Rand. Mehr noch als das 2:2 (0:0) des VfB am Mittwochabend interessierten die offenen Fragen an die Vereinsführung um Präsident Bernd Wahler. Warum musste der Sportvorstand zu diesem Zeitpunkt gehen - kurz vor Anpfiff des fünften Spiels in der Fußball-Bundesliga? Wer soll sein Nachfolger werden? Und wer stellt sich jetzt an seiner statt vor die Mannschaft, wenn es nicht bald den ersten Dreier des noch sieglosen Teams von Trainer Armin Veh gibt?

Den Zeitpunkt für die Trennung, die aus Sicht des Aufsichtsratsvorsitzenden Joachim Schmidt »nicht ideal gelaufen ist«, konnte auch dieser nicht schlüssig begründen. Er verspreche sich einen Neubeginn durch die Entscheidung, die bei einer Aufsichtsratssitzung am Dienstagabend einstimmig getroffen worden sei, sagte Schmidt am Donnerstag, räumte aber ein: »Die Mannschaft ist noch immer die gleiche Mannschaft. Wir werden nicht die Spieler und nicht den Trainer verändern.« Die Fans hätten auf den Entschluss keinen Einfluss gehabt. »Wir sind jetzt nicht dem Druck der Fans gefolgt.«

Grundsätzlich habe Bobic mit den von ihm zusammengestellten Teams der vergangenen Jahre die Erwartungen nicht erfüllt. »Ein Spieleretat von 40 Millionen muss uns als VfB in die Lage versetzen, zumindest einen einstelligen Tabellenplatz zu erreichen«, sagte Schmidt. »Andere Klubs, die deutlich weniger haben, haben uns in den letzten Jahren überholt.« Nach fünf Spielen ist der VfB Vorletzter.

Offiziell verkündete der VfB Bobics Aus erst knapp eine Stunde vor dem Anpfiff in Dortmund. Spekulationen über Nachfolger des 42-Jährigen gab es aber schon vorher. Zu Kandidaten, dem genauen Anforderungsprofil und den zeitlichen Abläufen wollte sich Wahler nicht äußern. Er kündigte lediglich zeitnahe Gespräche an. An Trainer Veh werde dabei gedacht. »Für mich ist klar, Armin Veh passt zum VfB. Wenn wir da auch jemand suchen, der zum VfB passt, dann passen die grundsätzlich zusammen«, sagte Wahler. Auf dem Gerüchtebasar gehandelt werden beispielsweise der ehemalige National- und VfB-Torwart Jens Lehmann, der ehemalige U21-Nationaltrainer Rainer Adrion und Karlsruhes Sportdirektor Jens Todt. Eine klares Nein gab es schon zuvor vom Lokalrivalen Stuttgarter Kickers. Sportdirektor Michael Zeyer ließ mitteilen: absolut kein Interesse.

Wer auch immer kommt: Für die Vereinsführung um Wahler ist er die letzte Option. Als »ziemlich vergiftet« hatte Trainer Veh die Situation in Stuttgart bezeichnet. Mittelfeldspieler Daniel Didavi, dank dessen Doppelpack zum 2:0 der VfB in Dortmund sogar lange vom ersten Saisonsieg träumen durfte, meinte nach dem Spiel: »Es ist schade, er ist nicht schuld, dass wir in der Lage sind. (...) Er ist jetzt der nächste halt, der als Sündenbock dastand.«

Wahler und Schmidt brauchen nun insbesondere einen Mann, von dem sich die Fans überzeugen lassen. Denn nur mit einer breiten Unterstützung der Basis kommen sie ihrem Ziel näher, die Profiabteilung des VfB auszugliedern und Investoren wie Daimler den Einstieg zu ermöglichen.

Siege würden dabei aber wohl noch mehr helfen. Denn Bobic als Prellbock für die Wut der Fans und Schutzschild für das Team ist nun nicht mehr da. Bleibt der Klub im Tabellenkeller, dürften sich die Fans rasch den nächsten Schuldigen suchen. dpa/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal