Prag: Wahlerfolg für Regierungsparteien

Bewegung ANO in Tschechien weiter auf dem Vormarsch

  • Jindra Kolar, Prag
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Sozialdemokraten sind als stärkste Kraft aus der ersten Runde der Senatswahl in Tschechien hervorgegangen. Zudem wurde in den Kommunen gewählt.

Die Bewegung ANO 2011 des amtierenden Finanzministers Andrej Babis konnte auch bei den tschechischen Kommunalwahlen am Wochenende ihren Erfolg aus dem vergangenen Jahr fortsetzen. In der Hauptstadt gewann sie 17 Abgeordnetensitze und damit Platz 1 vor der Partei TOP09 des früheren Außenministers Karel Schwarzenberg, die nach dem Verlust von zehn Sitzen nun noch 16 Mandate hat. Prag wird - die Koalitionsverhandlungen begannen noch in der Nacht zum Sonntag - künftig von derselben Koalition regiert, die zurzeit auch die Geschicke des Landes leitet.

Im Gegensatz zur nationalen Regierung führt in der Hauptstadt jedoch ANO die Administration an. Denn die sozialdemokratische CSSD büßte sechs Sitze ein und steht jetzt bei acht Mandaten. Die Bürgerlichen Demokraten (ODS), die über viele Jahre den Bürgermeister und die Stadtregierung stellten, kommen nur noch auf acht Abgeordnete. Entgegen dem landesweiten Trend konnten die Kommunisten in Prag ihr Ergebnis um einen Sitz verbessern.

Während das übrige Böhmen eine bunte politische Landkarte bildet - zwölf Kreise gingen an die Sozialdemokraten, fünf traditionell im Norden an die Kommunisten, nur zwei an ANO und drei an die ODS -, dominieren im eher landwirtschaftlich geprägten Mähren die Christdemokraten von der KDU-CSL.

Parallel zu den Kommunen sollte auch ein Drittel der Senatssitze neu bestimmt werden. Im ersten Wahlgang von Freitag und Samstag konnte sich aber noch keiner der Bewerber durchsetzen. In der Stichwahl, die am 17. und 18. Oktober abgehalten wird, gehen nun 19 Kandidaten der Sozialdemokraten an den Start; ANO stellt neun Bewerber, die ODS, die auch bei den Senatswahlen starke Verluste hinnehmen musste, fünf, und die Christdemokraten sind noch mit acht Kandidaten vertreten. Dazu kommen Bewerber aus unabhängigen Wählerverbindungen.

Wenngleich man die Ergebnisse der Stichwahlen noch nicht vorwegnehmen kann, deutet sich doch an, dass die CSSD ihre Mehrheit in der zweiten Parlamentskammer - die Partei stellt gegenwärtig 46 von 81 Senatoren - ausbauen dürfte. Damit würden die Sozialdemokraten dann in beiden Häusern dominieren.

Der frühere Staatspräsident und langjährige Vorsitzende der ODS, Vaclav Klaus, bedauerte einen »Niedergang der Parteipolitik«. Die Wähler könnten sich bei der Vielzahl der politischen Gruppierungen - auf dem Wahlzettel standen 30 Parteien und Wählerbündnisse - nicht mehr politisch orientieren. Es sei daher kein Wunder, so Klaus, dass die Bürger resignierten. Und die geringe Wahlbeteiligung scheint dem einstigen Staatschef sogar Recht zu geben: An den Kommunalwahlen beteiligten sich 44,5 Prozent der Stimmberechtigten, an den Senatswahlen sogar nur 38,6 Prozent. Das dürfte sich allerdings erfahrungsgemäß am kommenden Wochenende etwas bessern, da es den Parteien meist gelingt, für die Stichwahlen nochmals ihre Wähler zu mobilisieren.

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