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Regelmäßige Kontrolle spart Geld

Leserfrage zur Betriebskostenabrechnung

  • Lesedauer: 4 Min.

Nach vielen Jahren haben wir plötzlich eine Betriebskostenabrechnung bekommen, die eine erhebliche Nachzahlung ausweist. Obwohl von einer Fachfirma erstellt, sind für uns die Positionen Warmwasser (WW) und Heizung überhaupt nicht nachvollziehbar. Außerdem kann die uns in Rechnung gestellte Warmwassermenge nicht stimmen, weil wir altersbedingt und gesundheitlich viele Probleme haben und die Badewanne kaum nutzen können. Was können wir tun?
Familie B., Schwedt

Politik und Rechtsprechung gehen leider davon aus, dass mit den Mindestanforderungen an Betriebskostenabrechnungen jeder Durchschnittsbürger diese auch verstehen kann.

Auffällig sind in ihrer Betriebskostenabrechnung nur die Kosten für Warmwasser. Die vom Vermieter beauftragte Abrechnungsfirma druckt auf ihren verbrauchsabhängigen Abrechnungen die Zählerstände der Wasserzähler nicht mit an. Und sie vermerkt auch nicht bei der Berechnung der WW-Kosten, dass der dort stehende Verbrauchswert geschätzt wurde, weil der Zähler defekt ist, in Ihrem Fall schon seit Anfang 2010, wie man anhand der Ihnen übergebenen Ableseprotokolle leicht erkennen kann - wenn man sich die Mühe macht, die alten Protokolle hervorzuholen und anzusehen. Bemerkenswert ist, dass der jeweilige Ableser auf den Protokollen vermerkt hat, dass der Zähler defekt ist.

Ganz offensichtlich sind sowohl Qualitätsmanagement als auch Qualitätssicherung nach DIN/ISO 9000 bei der Ablesefirma mangelhaft ausgeprägt. Gestützt wird diese Aussage dadurch, dass diese Firma in einer Antwort von 2012 an den Vermieter schreibt, dass der Verbrauchswert für 2011 geschätzt wurde, weil der Zähler defekt (Zähler steht) war, die notwendigen Konsequenzen auch Jahre später (Zählertausch!) nicht gezogen hat.

Ihre alten Verbrauchsabrechnungen (vor 2010) weisen einen Durchschnittsverbrauch von 3 m3 Warmwasser je Jahr aus. In Rechnung gestellt wurden Ihnen aber fast 30 m3 WW je Jahr ab 2010. Ihnen wurde in den vier Jahren ein sehr beachtlicher Betrag zu viel in Rechnung gestellt (für die Erwärmung zum WW und die zugehörigen Kaltwasserkosten). Eine Schätzung der Kosten für Erwärmung und das bereitgestellte Kaltwasser ergibt: 27 m3 x 12 Euro/m3 x 4 Jahre + 27 m3 x 5 Euro/m3 = rund 1800 Euro.

Sie sollten den Vermieter sofort schriftlich auffordern, alle grob fehlerhaften Betriebskostenabrechnungen zu korrigieren und Ihnen das daraus entstehenden Guthaben binnen vier Wochen nach Zugang des Briefes auf Ihr Konto zu überweisen. Ob sich dann der Vermieter bei der Abrechnungsfirma schadlos hält, ist nicht ihre Aufgabe. Zur Absicherung einer in Zukunft fehlerfreien Verbrauchsabrechnung sollte der Vermieter den entstandenen Schaden einklagen - oder den Anbieter wechseln.

Einige Nachbemerkungen:

Der Fehler hätte mehrfach dem Abrechnungsunternehmen auffallen müssen. Die von ihm vorgenommene Schätzung basiert auf statistischen Mittelwerten für Durchschnittsbürger. Sie ist aber für den konkreten Einzelfall völlig ungeeignet, wenn man die Praxis (siehe die folgende Wertebereiche) kennt.

In der Praxis reicht die Spanne der verbrauchten Gesamtwassermengen von 10 bis 100 m3 je Person und Jahr; im Mittel liegt sie grob geschätzt bei 36 m3/Person und Jahr (100 Liter/Person und Tag). In der Praxis liegt der Anteil des WW am Gesamtverbrauch zwischen 5 und 50 Prozent, im Mittel bei 33 Prozent.

In Ihrem Fall hat die Abrechnungsfirma von Ihnen unverantwortlich über vier Jahre die Menge des verbrauchten Warmwassers geschätzt statt den Zähler zu wechseln.

Eine gewissenhafte Kostenbuchhaltung hätte diesen Fehler auch herausfinden können. Sie hat aber gegenüber der Abrechnungsfirma den Nachteil, dass der Vermieter keine Kopie der Ableseprotokolle erhält (die Ablesefirma hat das Original und der Mieter die einzige Durchschrift).

Da diese Abrechnungsfirma typischerweise die konkreten Zählerstände und Gerätenummern in den verbrauchabhängigen Abrechnungen nicht mit andruckt, haben ihre Kunden (Vermieter und letztendlich die Mieter) in den wenigsten Fällen eine Chance, Fehler zu finden.

Um so wichtiger ist es, dass die Mieter sich regelmäßig (ein Mal je Quartal) die Verbrauchswerte und die Gerätenummern der eingesetzten Messgeräte zusammen mit dem Datum notieren, um im Streitfall belastbare Informationen zu haben. Wenn Sie nicht wissen wie man die Messgeräte abliest, dann bitten Sie den Vermieter, Ihnen das zu erläutern oder eine schriftliche Anleitung auszuhändigen.

Hartmut Höhne, Mieterverein VIADRINA Frankfurt (Oder)

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