Die Opposition wird deutlich zulegen

Fredson Guilengue über das politische und sozioökonomische Panorama Mosambiks

  • Lesedauer: 4 Min.

Welcher der drei Präsidentschaftskandidaten Filipe Nyusi (Frelimo), Alfonso Dhlakama (Renamo) und Daviz Simango (MDM) wird die Wahl für sich entscheiden?

Filipe Nyusi, der Kandidat der regierenden Frelimo, wird genau wie seine Partei bei den gleichzeitig stattfindenden Parlamentswahlen gewinnen. Die Frelimo sitzt in Mosambik weiterhin fest im Sattel. Bei aller Kritik an fehlenden sozialen Fortschritten, hoher Armut und Arbeitslosigkeit, sowie Korruption und Misswirtschaft hat die Opposition es gegenüber der omnipräsenten Frelimo trotz mancher unabhängiger Medien sehr schwer, Gehör zu finden. Spannend wird es vor allem aus drei Gründen: Erstens wird Nyusi wohl kaum so viele Stimmen wie sein Vorgänger Armando Guebuza auf sich vereinigen können, denn er ist wenig bekannt. Vor fünf Jahren konnte Guebuza 75 Prozent der Stimmen gewinnen. Und zweitens hat der alte Oppositionschef von der Renamo, Alfonso Dhlakama, wieder Zulauf von den Wählern. Seine Wahlveranstaltungen sind im ganzen Land gut besucht. Viele Menschen wollen jenen Mann sehen, der zurück in den Busch ging, um mit der Waffe in der Hand die Regierung herauszufordern. Dhlakama könnte diesmal für eine Überraschung sorgen. Vor fünf Jahren war er abgeschlagen auf Platz zwei mit nur 16,4 Prozent der Stimmen gelandet. Mit seiner harten Haltung gegenüber der Frelimo, von der er mehr Beteiligung der Opposition in der Wahlkommission forderte, hat er wohl bei vielen Mosambikanern an Sympathie gewonnen. Und schließlich ist da noch Daviz Simango. Der Bürgermeister meiner Heimatstadt Beira von der MDM, der bei den letzten Kommunalwahlen im Herbst viele Wähler in den Städten gewinnen konnte. Simango ist sehr beliebt in Beira und erhält dort Anerkennung für seine Arbeit. Ich denke deshalb, dass die Opposition diesmal deutlich zulegen wird.

Welche neuen Herausforderungen sehen Sie für die nächsten Jahre für den neuen Präsidenten Mosambiks?

Ich sehe zwei grundlegende Herausforderungen: Erstens den Erhalt der politischen Stabilität. Die plötzliche Unruhe wegen der Drohung der Renamo, wieder zu den Waffen zu greifen, hat gezeigt, dass auch in Mosambik der Prozess der nationalen Versöhnung noch nicht wirklich abgeschlossen ist. Dies liegt nicht nur an den Versäumnissen der Regierung, wie der fehlenden Integration früherer Renamo-Kämpfer in die mosambikanische Armee, sondern auch an der problematischen Transformation von Renamo in eine politische Partei, die ihre bewaffneten Gruppen aufgibt. Der gegenwärtige Wirtschaftsboom im Land hängt vor allem am Tropf der Direktinvestitionen ausländischer Multis. Politische Instabilität könnte dem Boom ein schnelles Ende machen. Die zweite Herausforderung für den neuen Präsidenten liegt darin, wie aus dem Boom, wirkliche Entwicklung wird, wie also neue Arbeitsplätze, mehr Wohnraum, bessere Hospitäler und Schulen geschaffen werden können.

Hat der bisherige Aufschwung die unteren Schichten erreicht?

Nein. Bislang blieb die Mehrheit der Mosambikaner arm, trotz Wirtschaftswachstum. Dabei besteht sogar die Gefahr, dass die Großinvestitionen in die Ausbeutung von Gas, Kohle und Agrarflächen sogar eine Verschlechterung der Lebensverhältnisse für viele Menschen auf dem Land bedeuten kann, sollten sie von ihrem Land vertrieben werden. Ich begrüße es deshalb sehr wie auch viele andere in der Zivilgesellschaft des Landes, dass Frelimo weiter daran festhält, dass das Land im Eigentum des Staates bleibt. Doch natürlich ist das nicht genug, um etwaige »Land Grabs« (Landraub) zu verhindern. Durch das Pro-Savana Projekt der Brasilianer und Japaner, wo über 10 Millionen Hektar Land erschlossen werden sollen, um für den Export Mais und Soja anzubauen, könnten Tausende von Menschen ihre Lebensgrundlage verlieren.

Glauben Sie, dass Nyusi diese Herausforderungen meistern kann?

Ich bin optimistisch was den Frelimo-Kandidaten anbelangt. Er scheint viel offener zu sein als sein Vorgänger Guebuza. Ich glaube, er wird auf die Opposition zugehen und damit sicherstellen, dass das Land nicht wieder in politische Instabilität verfällt. Auch denke ich, dass er die zivilgesellschaftlichen Gruppen, die Kritik an der sozialen Entwicklung des Landes vorbringen, ernster nehmen wird. Ich erhoffe mir, dass der neue Präsident zusammen mit einer erstarkten und lebendigen Opposition und Zivilgesellschaft dafür sorgen werden, dass Mosambiks Demokratie nicht am vielen Geld der Gas- und Kohlemultis erstickt, sondern dass wir in den nächsten Jahren Fortschritte hin zu einer echten Demokratie machen werden. Daher hoffe ich auch, dass diese Wahlen ohne Wahlfälschung ablaufen werden und dass alle Parteien und Gruppen die Ergebnisse anerkennen können.

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