Belgrader Parade Putins

Serbisch-russischer Schulterschluss in der Ukraine-Krise

  • Thomas Roser, Belgrad
  • Lesedauer: 2 Min.
Serbien feiert den 70. Jahrestag der Befreiung Belgrads von der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg mit einer Militärparade. Als Waffenbruder kommt Russlands Präsident Wladimir Putin.

Eifrig wienern schwitzende Soldaten auf dem Belgrader Nikola-Tesla-Boulevard die olivgrünen Karosserien der aufgereihten Militärtransporter blank. Unablässig rattern vor der mit Tarnnetzen verhängten Ehrentribüne Panzerketten über den zerfurchten Asphalt. »Die Armee übt 24 Stunden am Tag für Putin«, berichtete das Belgrader Boulevardblatt »Kurir« vor dem am Donnerstag steigenden Militärspektakel.

Tatsächlich erregte die erste Militärparade seit 29 Jahren in Serbiens Hauptstadt schon seit Tagen Aufmerksamkeit. Unablässig knatterten Helikopter-Rotoren, düsten Tiefflieger über die Dächer der wie im Ausnahmezustand wirkenden Stadt. Jeden Tag wurde von acht Uhr morgens bis acht Uhr abends geübt, berichtete stolz Generalmajor Milosav Simovic: »Es ist natürlich, dass man Lampenfieber hat, wenn Wladimir Putin zuschaut.«

Die Pixi-Toiletten fürs Volk sind an der Parade-Route platziert. 4500 Soldaten sollen am Donau-Ufer entlang defilieren. Offizieller Anlass ist der 70. Jahrestag der Befreiung Belgrads, der für einen hohen Gast aus Moskau allerdings um vier Tage vorverlegt worden ist: Die Parade anlässlich der sechsstündigen Belgradvisite von Russlands Präsidenten stößt im Westen auf Skepsis, ist aber auch in Serbien nicht unumstritten.

Dabei kann sich der Kremlchef bei dem zwischen Ost und West lavierenden EU-Anwärter trotz der Ukrainekrise ungebrochener Sympathie erfreuen. 71 Prozent der Serben sollen laut den wenig verlässlichen Demoskopen den Besuch Putins begrüßen. Doch sowohl an dem Zeitpunkt seiner Visite als auch dem der Parade scheiden sich die Geister. Putin sei immer ein willkommener Gast, versichert der eher russlandfreundliche Analyst Djordje Vukadinovic. Doch die für ihn veranlasste Vorverlegung der Befreiungsfeierlichkeiten sei eine ähnlich »unehrliche Anbiederung«, wie sie schon seit längerem gegenüber der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel demonstriert werde.

Die Parade zeige, dass Serbien etwas habe, worauf das Land stolz sein könne, verkündete indes Verteidigungsminister Branislav Gasic. Die marginalisierte Opposition im Parlament kritisiert vor allem hohe Kosten und geringen Nutzen der Parade. Eher grundlegender Art sind die Zweifel von Analysten und ausländischen Diplomaten. Sie fürchten negative Auswirkungen des demonstrativen Schulterschlusses mit Putin mitten in der Ukraine-Krise.

Schon jetzt regt sich bei EU-Partnern Kritik an Serbien. Das weigert sich den Sanktionen gegen Moskau unter Hinweis auf besondere Beziehungen zu Russland. Der künftige EU-Kommissar für Nachbarschaftspolitik Johannes Hahn mahnte Belgrad, seine Haltung zu überdenken.

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