Waffenlieferungen als Teil deutscher Außenpolitik

Israel bekommt, was es will - seit den 50er Jahren haben alle Bundesregierungen Interesse an engsten Kooperationsbeziehungen

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Erstmals hat die Bundesregierung einen Zwischenbericht zu den Rüstungsexporten im ersten Halbjahr 2014 veröffentlicht. Größter Abnehmer ist Israel. Das U-Boot »Tanin« schlägt mächtig in die Bücher.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) wertet den ersten derartigen Rüstungsexport-Zwischenbericht als einen Beleg dafür, dass er die Genehmigungspraxis strenger handhabt als seine Vorgänger. Auch sei der Gesamtwert der Genehmigungen gegenüber dem ersten Halbjahr 2013 um rund 700 Millionen Euro zurückgegangen - von 2,9 auf 2,2 Milliarden Euro. Zudem würden 60 Prozent, also 1,26 Milliarden Euro, auf Schiffe entfallen, die man ja schwerer als andere Waffen zur Unterdrückung des eigenen Volkes einsetzen kann.

Bei der Relativierung der Exporte kommt zupass, dass nur ein einziges U-Boot einen Wert von 600 Millionen Euro repräsentiert. Es handelt sich um die »Tanin«. Es ist das vierte, direkt in Deutschland für Israel gebaute Unterwasser-Kampffahrzeug.

Natürlich sind auch Rüstungsexporte nach Israel wirtschaftspolitisch, industriepolitisch, strukturpolitisch und im Sinne von Arbeitsplatzsicherung relevant. Wichtiger jedoch wiegt: Die Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind ein herausragendes Beispiel für die Langfristigkeit und Kontinuität deutscher Außen- und Sicherheitspolitik, die mit Hilfe von Rüstung verfolgt wird.

Gabriel weiß natürlich um die sensible Bedeutung von Rüstungsexporten gerade in jene Region. Vor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik sagte der Minister Anfang des Monats: »Religiös, ethnisch und politisch war der arabische Raum schon immer eine der komplexesten Regionen der Welt - das gilt heute vielleicht mehr denn je.« Es gebe den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern, Gabriel nannte die Hamas und die Hisbollah, skizzierte die Lage in Libyen und Jemen, nannte die Krise um das iranische Atomprogramm, bezog Aktuelles aus Irak und Syrien, also vor allem das Erstarken des Islamischen Staates sowie Al Qaida im Maghreb mit ein.

Dennoch - oder deshalb? - werden in Berlin stabile Beziehungen zwischen Deutschland und Israel hoch geschätzt. Seit jeher. Nach streng geheimen Fühlungnahmen in den unmittelbaren Nachkriegsjahren entdeckten beide Staaten in den 50er Jahren sicherheitspolitische Gemeinsamkeiten. Die Verhandlungen über deutsche »Wiedergutmachungsleistungen« für die unermesslichen Verbrechen während der Nazi-Diktatur ebneten den Weg zum »pragmatischen« Miteinander. Die junge Bundesrepublik brauchte Unterstützung für die Wiederbewaffnung, Israel benötigte Militärgerät, um seine staatliche Existenz zu sichern. In Deutschland hatte man - anders als in den USA oder Frankreich, die bisweilen aus Rücksicht auf arabische Länder oder die Palästinenser Lieferungen stoppten - verlässliche Partner gefunden. Hinzu kam, dass deutsche Rüstungsexporte mit deutschen Steuergeldern bezahlt wurden. Und - siehe U-Boote - teilweise noch immer werden.

Angesichts der weiter sensiblen Beziehungen auch nach der Aufnahme diplomatischer Beziehungen würden viele Geschäfte mit Hilfe des Bundesnachrichtendienstes und des israelischen Mossad-Auslandsgeheimdienstes eingefädelt und abgewickelt. Das war sogar noch so zu Zeiten, in denen die Bundesrepublik frisch geerbte High-Tech-Waffensysteme der DDR-Armee zum Teil als »Landwirtschaftliches Gerät« nach Israel verschob.

Wider die »Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstige Rüstungsgüter« lieferten Bundesregierungen aller Farbkombinationen Waffen und Gerätekomponente nach Israel, die dann in diversen Attacken gegen Israels Nachbarn auch eingesetzt wurden.

Natürlich gab es immer wieder Kritik an der militärischen und wehrtechnischen Zusammenarbeit mit Israel. Doch nach wie vor gilt im Grundsatz, was Kanzler Gerhard Schröder (SPD) 2002 erklärte: »Ich will ganz unmissverständlich sagen: Israel bekommt das, was es für die Aufrechterhaltung seiner Sicherheit braucht, und es bekommt es dann, wenn es gebraucht wird.«

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