Der Ausverkauf misslang

Bei Immobilienfonds entpuppt sich die Liquidierung als langwierige Angelegenheit

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Sie gelten als sicher. Doch in Folge der Finanzkrise mussten viele Kleinanleger wegen ihrer Anteile an Immobilienfonds bluten.

»Investmentfonds sind insolvenzgeschützt«, wirbt der private Bankenverband BdB in dieser Woche für »alternative Anlagemöglichkeiten« in Zeiten anhaltend niedriger Zinsen. Auch diese Fonds können zwar pleite gehen wie der »Immoselect«-Fonds der französischen Versicherungsgruppe Axa zeigt, der seit Dienstag von der Depotbank Caceis liquidiert wird. Doch im Fall einer Insolvenz der Fondsgesellschaft geht das verwaltete Vermögen nicht in die Konkursmasse ein, sondern bleibt eigenständig erhalten. Was aber passiert, wenn das gesetzlich geschützte Vermögen nicht mehr viel wert ist? Die Antwort darauf kennen inzwischen Zehntausende Anleger in Deutschland, die auf Nummer sicher gehen wollten und Anteile von Immobilienfonds kauften.

Immobilienfonds galten lange als sichere Geldanlage und wurden als solche auch von Banken, Sparkassen und Versicherungen an den Mann oder die Frau gebracht - und selbst von Verbraucherschützern empfohlen. Die Idee dahinter: Teure Immobilien werden in einen Fonds »gepackt« und die Anteile daran an viele Anleger verkauft. Mit 1000 oder gar nur 100 Euro Einsatz kann man so Miteigentümer eines Büroturmes oder Einkaufszentrums werden.

Bis zum Ausbruch der Finanzkrise im Sommer 2007 hatte nie ein in Deutschland aufgelegter Immobilienfonds Verluste gemacht, und in guten Jahren waren die insgesamt maßvollen Renditen doch besser ausgefallen als bei scheinbar ähnlich sicheren Bundesschatzbriefen.

Doch mit der großen Krise geriet die Branche in Schieflage: Vor allem, weil potente Investoren plötzlich Milliardensummen abzogen. Auf der Strecke blieben dann die Kleinsparer, die nicht schnell genug reagieren konnten, bevor die Fonds geschlossen wurden. Immobilienfonds hatten in Spitzenzeiten ein Vermögen von 90 Milliarden Euro verwaltet - nun war ein Dutzend von ihnen zumindest zeitweilig notleidend. Das betraf eine Summe von 25 Milliarden Euro. Im Oktober sind nun erstmals zwei Pleitefonds in die Jahre gekommen - der »Immoselect« von Axa und der »Degi International« der aus Schottland stammenden internationalen Investmentgesellschaft Aberdeen. Letztere hatte noch vor der Krise der schwächelnden Dresdner Bank die »Deutsche Gesellschaft für Immobilienfonds« abgekauft.

Dann machte der Crash im Oktober 2011 alle Renditeträume zunichte: Auch der »Degi International« wird abgewickelt. Aberdeen sieht keine Chance auf eine erfolgreiche Wiedereröffnung des ohnehin seit fast zwei Jahren eingefrorenen Fonds. Forderungen von 1,5 Milliarden Euro standen aus. Die Investoren sollten in halbjährlichen Tranchen ausgezahlt werden. Doch mit dem Versilbern der Immobilien tat man sich bei Aberdeen ebenso schwer wie andere Gesellschaften mit Pleitefonds: Da Banken, Hedgefonds und Investoren um die Schieflagen wussten, ließen sich annehmbare Preise kaum erzielen.

Am 15. Oktober - drei Jahre danach - endete die von der Bundesfinanzaufsicht BaFin gesetzte »Auflösungsfrist«. Eigentlich sollte der Fonds spätestens dann vollständig aufgelöst, Kredite an Banken zurück- und die Anleger ausgezahlt sein. »Wir haben alles dafür getan, so viele Immobilien wie möglich zu angemessenen Preisen zu verkaufen«, versichert Aberdeen-Chef Hartmut Leser.

Trotzdem liegen viele Projekte weiterhin auf Eis. Die Schuld gibt Leser einigen Immobilienmärkten, die sich nach der globalen Finanzkrise bis heute nicht vollständig erholt hätten. So entpuppten sich Bürotempel mit klangvollen Namen wie »The Park« in Prag oder »Futura III« bei Versailles als Ladenhüter. Am Ende werden die Anleger nur einen Teil ihres eingesetzten Geldes zurückerhalten. Bislang belief sich nach Berechnungen der Stiftung Warentest der Verlust bereits auf 30 Prozent.

Da der vollständige Ausverkauf misslang, übernimmt nun die bisherige Depotbank - bei der die Wertpapiere des Aberdeenfonds im Panzerschrank sicher verwahrt werden - die Resteverwertung. Anleger benötigen nun einen noch längeren Atem. Die BaFin hat das Mandat an die Commerzbank auf weitere drei Jahre ausgestellt.

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