Gericht hat Bedenken wegen Protestaufruf Tauberts gegen Rechts

Entscheidung soll am 3. Dezember verkündet werden

  • Lesedauer: 2 Min.
Als die NPD im März einen Parteitag in Kirchheim veranstaltete, rief Sozialministerin Taubert zu Protesten für die Werte des Grundgesetzes auf - in Kirchheim. Durfte sie das? Das höchste Thüringer Gericht hat daran mindestens Zweifel.

Weimar. Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat offenkundig Zweifel daran, dass der Aufruf von Sozialministerin Heike Taubert (SPD) zum Protest gegen rechtsextremes Gedankengut anlässlich eines NPD-Parteitages rechtmäßig war. Während einer mündlichen Verhandlung über die Zulässigkeit einer entsprechenden Pressemitteilung vom März stellten die Richter am Mittwoch in Weimar zahlreiche kritische Fragen an Taubert und die Vertreter der Landesregierung. Unter anderem signalisierten einzelne Mitglieder des Gremiums, sie hätten erhebliche Zweifel daran, dass der Aufruf damit gerechtfertigt werden könne, dass es ein laufendes Verbotsverfahren gegen die NPD gebe. Eine Entscheidung in dem Rechtsstreit soll am 3. Dezember verkündet werden.

Taubert hatte in einer Medieninformation ihres Ministeriums unter anderem dazu aufgerufen, Rassismus und Intoleranz »die rote Karte« zu zeigen. Anlass für die Pressemitteilung war ein Landesparteitag der Thüringer NPD Mitte März in Kirchheim, bei dem die Partei ihre Liste für die Landtagswahl aufstellte. Im Text hieß es unter anderem: »Wenn die Demokratie gefährdet, Toleranz missachtet und unsere Weltoffenheit aufs Spiel gesetzt werden, dann müssen wir dagegen gemeinsam etwas tun.«

Die NPD klagte vor dem Verfassungsgerichtshof wegen des Aufrufs. Ihr Argument: Als Ministerin sei Taubert zu parteipolitischer Neutralität verpflichtet. Sie habe dafür Sorge zu tragen, dass alle Parteien die gleichen Chancen im politischen Wettbewerb hätten. Sie habe nicht das Recht, zum Protest gegen eine nicht verbotene Partei aufzurufen.

Bei der mündlichen Verhandlung bestritten Taubert sowie Rechtsvertreter der Landesregierung, die Ministerin habe explizit zum Protest gegen die NPD oder gar zur Blockade des Parteitags aufgerufen. Vielmehr habe sie für eine Demonstration geworben, die sich für die Werte des Grundgesetzes und gegen extremistisches Gedankengut eingesetzt habe. Dazu sei Taubert schon deshalb verpflichtet, weil sie für das Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit verantwortlich sei. Dieses wiederum fuße auf der Verfassung: Sie gebiete Einsatz gegen Bestrebungen, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richteten.

Die Richter äußerten zahlreiche Bedenken gegen die Zulässigkeit des Aufrufs. So sagte ein Verfassungsrichter, es sei dem Gremium bislang noch unklar, inwieweit Taubert mit diesem Aufruf wirklich zwischen der Partei und rechtsextremem Gedankengut habe unterscheiden wollen. Die Metapher »rote Karte« sei klar personenbezogen und bedeute im allgemeinen Sprachgebrauch »jemanden vom Platz stellen« und »aus dem Spiel nehmen«. Dies könne nur mit einzelnen Akteuren geschehen. dpa/nd

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