nd-aktuell.de / 27.10.2014 / Politik / Seite 6

Leistungsschau auf festlicher Gala

NRW-Landesanstalt für Medien feiert jene Sender, die sie beaufsichtigen soll

Marcus Meier
Nordrhein-Westfalens Landesanstalt für Medien (LfM) prämiert »Weglach«-Shows und Werbung für Currywurstbuden im privaten Hörfunk mit einem Medienpreis.

Mit 75 000 Euro subventioniert der Rundfunkgebührenzahler die jährliche Leistungsschau des kommerzorientierten Dudelfunks in Nordrhein-Westfalen. Die festliche Gala wird im Hyatt Regency stattfinden, im MedienHafen, einer der feinsten Adressen selbst in der auf Understatement wenig Wert legenden Stadt Düsseldorf, keine 500 Meter entfernt von der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei, wo die aus kleineren Verhältnissen stammende Ministerpräsidentin Hannelore Kraft ihren Gästen nur noch Leitungswasser kredenzt, um so ein Zeichen zu setzen gegen die mehr als angespannte Haushaltslage im einwohnerstärksten Bundesland.

Wenn die Landesanstalt für Medien NRW (LfM) am 14. November in besagtem Luxushotel die aus ihrer Sicht besten »redaktionellen Beiträge« sowie »kreativen Werbeproduktionen« des privaten Lokalfunks mit insgesamt neun LfM-Hörfunkpreisen prämiert, wird vermutlich eher mit weniger asketischen Tropfen gefeiert. Rund 75 000 Euro, so erfuhr »nd« auf Nachfrage, wird die Leistungsschau des kommerziellen Plauderradios auch in diesem Jahr kosten.

Preisgelder, Skulpturen, Buffet: Sorgen um die Rechnung müssen die Veranstalter sich nicht machen. Die berappt letztlich der Rundfunkgebührenzahler - wie LfM-Sprecher Peter Widlok mit einem lapidaren »Ja« bestätigt. Denn die LfM wird wie ihr Hörfunkpreis aus den Rundfunkgebühren finanziert. Jenen Gebühren also, die ein qualitativ hochwertiges und öffentlich-rechtliches Medienangebot sicherstellen sollen. Doch beim Westdeutschen Rundfunk sind gerade massive Sparrunden angesagt: Etat, Belegschaft und Honorare schrumpfen.

Zwar finde die Verleihung des LfM-Hörfunkpreises in »durchaus würdigem Rahmen« statt, doch verzichte man auf rote Teppiche, scherzt LfM-Sprecher Widlok, ein ehemaliger WDR-Reporter. Ausgezeichnet wird das Beste vom Feinsten, das Nordrhein-Westfalens private Radiosender jährlich zu bieten haben, jedenfalls dann, wenn man den Geschmack der von der LfM eingesetzten Jury zu Grunde legt. In der Kategorie »lokale Werbung« wird Reklame für Currywurstbuden und ostwestfälische Brauereien potenziell mit Preisgeldern bedacht. Dabei gehe es um »die Machart« der Radio-Werbung, nicht um die beworbenen Produkte, betont Peter Widlok.

Und die »redaktionellen Beiträge«? Gute Chancen auf Auszeichnung hat beispielsweise die Radio-Comedy »Ursula - der härteste Hund beim Bund«, in der eine leidlich gute Ursula-von-der-Leyen-Parodistin »Ein guter Soldat ist nicht genervt, sondern gefährlich!« ausruft. Achtung, ganz kleiner Zapfenstreich!

Zu den Siegerkandidaten zählen auch ein langatmiger »Aprilscherz« von Radio RSG aus dem Bergischen Land, »Wachlachen mit Dietrich und Markus« auf Dortmunds Radio 91.2 und das »Radio Bielefeld Tramp Duell«. Als »herausragend« in der Kategorie »Information / Recherche« gilt ein Beitrag von Radio Leverkusen mit dem aussagekräftigen Titel: »Kritik am Oberbürgermeister - ich habe nachgeforscht, was dran ist und den Oberbürgermeister mit den Vorwürfen konfrontiert«. Die Story: Im Rathaus herrsche ein rauer Ton, sagt die Gewerkschaft ver.di. Soweit die »Nachforschung«. Der OB widerspricht. »Konfrontation«, Abmoderation. Für Jury-Vorsitzende Inge Seibel-Müller ist das ein »Thema mit wirklicher Substanz«.

Und auf Substanz kommt es an. »Für uns ist der Hörfunkpreis ein sehr geeignetes Mittel für die Qualitätsförderung«, betont LfM-Sprecher Widlok. Auch Anstaltsdirektor Dr. Jürgen Brautmeier freut sich über »Qualität und Lebendigkeit des Systems« privater Rundfunk, die sich im Hörfunkpreis widerspiegelten. All das hat ein Geschmäckle: Die LfM ist als Anstalt öffentlichen Rechts konstruiert, was ihre Unabhängigkeit und Staatsferne gewährleisten soll. Ihr obliegt die Aufsicht über die privaten Lokalradios an Rhein, Ruhr und Emscher - jene Sender also, die die Anstalt befeiert, ebenso wie deren Reklame treibende Finanziers.