Der CO2-Ausstoß muss bis 2100 auf null sinken

Weltklimarat fordert eindringlich Maßnahmen gegen Erderwärmung

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 3 Min.
Zum Abschluss der Arbeiten am neuen UN-Weltklimabericht wurde eine Zusammenfassung mit Handlungsempfehlungen beschlossen.

»Wenn wir weitermachen wie bisher, werden uns die Möglichkeiten, den Temperaturanstieg zu begrenzen, in den nächsten Jahrzehnten entgleiten« - UN-Generalsekretär Ban Ki Moon ließ es sich nicht nehmen, am Sonntag persönlich die Empfehlungen des Weltklimarates IPCC an die Politik vorzustellen. Hunderte Wissenschaftler und Abgesandte der Regierungen hatten seit Montag in Kopenhagen über letzte Formulierungen im sogenannten Synthesebericht gerungen. Dementsprechend sind die Einschätzungen und Empfehlungen zwar konservativ, aber trotzdem klar.

Der scheidende langjährige IPCC-Chef Rajendra Pachauri sprach vom »bisher größten gemeinsamen Wissenschaftsprojekt der Menschheit«. Mehr als 3000 Wissenschaftler hatten für den mittlerweile fünften Sachstandsbericht des UN-Gremiums zum Klimawandel recherchiert. Die drei einzelnen Teile waren im September 2013 sowie im März und April 2014 vorgestellt worden. In der jetzt veröffentlichten Zusammenfassung mit Handlungsempfehlungen an die Politik konstatiert der Rat, dem mehr als 200 Länder angehören, dass die menschlichen Aktivitäten »sehr wahrscheinlich« - zu 95 bis 100 Prozent - der Hauptfaktor der Klimaveränderungen sind. Insbesondere mit der Industrialisierung im 20. Jahrhundert sei eine Dynamik entstanden, die in einer globalen Temperaturerhöhung um 4,8 Grad bis zum Ende dieses Jahrhunderts führen wird, falls nicht jetzt entschiedene Gegenmaßnahmen getroffen werden. Diese Aussage ist klarer als in früheren IPCC-Berichten.

Sowohl Ban Ki Moon als auch Rajendra Pachauri unterstrichen, dass weiteres Zögern die Auswirkungen des Klimawandels noch verstärken und die Kosten weiter in die Höhe schnellen lassen werden. Dabei habe die Menschheit bereits heute die technologischen Mittel, um die Entwicklung noch abzuwehren. Eine radikale, globale Umstellung auf erneuerbare Energiequellen und das Setzen auf Energieeffizienz in allen Bereichen der Gesellschaft werden hier als Hauptmaßnahmen genannt. Diese verlange aber auch technische und finanzielle Hilfe sowie Technologietransfer für arme Länder.

Allgemein akzeptiert ist das Ziel, die Erderwärmung gegenüber der vorindustriellen Zeit auf maximal zwei Grad Celsius zu begrenzen. Dadurch sollen die Kosten des Klimawandels noch tragbar sein. Bis 2012 war die Durchschnittstemperatur der Erdoberfläche um 0,85 Grad gestiegen. Der IPCC-Chef wies eindringlich darauf hin, dass die Menschheit einen Großteil des CO2-Ausstoßes, den sich die Erde für das Erreichen dieses Zieles leisten kann, bereits verbraucht hat. Laut dem Klimabericht ist ein Ausstoß von maximal 790 Gigatonnen möglich - zwischen 1870 und 2011 betrug er bereits 515 Gigatonnen. Die Herausforderung an die Menschheit besteht darin, die verbleibende Menge zu strecken. Dies könnte gelingen, wenn der weltweite CO2-Ausstoß bis 2050 um 40 bis 70 Prozent gesenkt und bis 2100 auf null heruntergefahren wird. In diesem Szenario wird es laut IPCC möglich sein, die prognostizierte globale Erwärmung unter der Zwei-Grad-Grenze zu halten. Nicht zu handeln, würde bedeuten, die weltweiten Fischbestände aufs Spiel zu setzen, radikale Ernteeinbußen durch Dürren und extreme Wetterereignisse sowie massive Umwelt- und Gesundheitsschäden in Kauf zu nehmen.

Als Handlungsmöglichkeiten, den Treibhausgasausstoß zu begrenzen, nennt der Klimabericht auch die Lagerung von CO2 im Untergrund, falls sich hier ökonomisch vertretbare Lösungen finden lassen, sowie die Kernkraft - für Letztere werden aber auch die Risiken genannt. Beides lehnen die als Beobachter anwesenden Umweltorganisationen vehement ab.

Ban Ki Moon wie auch die IPCC-Repräsentanten drückten die Hoffnung aus, dass bis Ende 2015 ein globales Klimaschutzabkommen beschlossen werden kann. »Die Politiker kennen heute die Risiken viel besser und die wissenschaftliche Untermauerung ist wesentlich solider als früher«, sagte Pachauri und fügte hinzu: »Es gibt keinen Plan B, weil wir keinen Planeten Erde B haben.« Kommentar Seite 4

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