Rechtes Gedankengut auf Schleichwegen

Friedrich-Ebert-Stiftung legte Studie zu menschenfeindlichen Einstellungen in Deutschland vor

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 2 Min.
Rechtsextreme Einstellungen gehen in Deutschland zurück. Allerdings greifen subtilere Formen menschenfeindlichen Denkens um sich.

Immer weniger Bundesbürger haben ein eindeutig rechtsradikales Weltbild. Dies belegt die am Donnerstag veröffentlichte Analyse »Fragile Mitte - Feindselige Zustände« der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung (FES). Wie Studienautor Andreas Zick am Donnerstag betonte, sei die Befürwortung einzelner Elemente von rechtsextremen Einstellungen wie Ausländerfeindlichkeit, Chauvinismus und Sozialdarwinismus auf dem Rückzug. Rund 12 Prozent der Befragten in Gesamtdeutschland stimmten national-chauvinistischen und 7,5 Prozent ausländerfeindlichen Meinungen zu. Doch die Zustimmung zu einzelnen Elementen macht noch kein rechtsradikales Weltbild. Insgesamt 2,4 Prozent aller Befragten gelten laut Studie als Rechtsradikale - 2,3 Prozent im Westen und 2,5 Prozent im Osten.

Doch für eine Entwarnung ist es zu früh: Denn der Trend geht weg vom offenen Rechtsextremismus und hin zu »subtilen Formen menschenfeindlichen und rechtsextremen Denkens«, so Zick. Den Rückgang rechtsextremen Denkens führen die Studienautoren auch auf die Berichterstattung über die NSU-Mordserie zurück. Das habe die Tabuisierung gestärkt. Diese Einstellungen suchten nun Nischen im öffentlichen Diskurs, etwa durch den Siegeszug der AfD.

So seien »Etabliertenrechte«, also etwa die Zurückweisung von Asylbewerbern, »relativ weit verbreitet«, unterstrich Zick, der als Professor am Bielefelder Institut für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) arbeitet. Die Forscher um Zick stellten auch eine »massive Abwertung von arbeitslosen Menschen« fest. 46 Prozent der Befragten meinten, dass die Betroffenen nicht wirklich dran interessiert seien, einen Job zu finden. Trotzdem ist die »gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit« laut Studie rückläufig. Allerdings hatten 44 Prozent »vorurteilsgeleitete Auffassungen« gegenüber Asylsuchenden.

Ko-Autor Andreas Hövermann konstatierte das Umsichgreifen eines »marktförmigen Extremismus«, der Selbstoptimierung, Wettbewerbsideologie und ökonomistische Werthaltungen propagiere. »Chauvinismus und Sozialdarwinismus sind Elemente des marktkonformen Extremismus«, so Hövermann.

Im Vergleich zur FES-Erhebung aus dem Jahr 2008 fällt auf, dass immer weniger Menschen den Rechtsradikalismus als Bedrohung wahrnehmen. Zwar halten 87 Prozent der Befragten die braune Gefahr für real, zugleich meinen aber 52 Prozent, die Problematik werde von den »Medien hochgekocht« und 49 Prozent finden, dass man die Nazis ignorieren sollte. Zick nannte das am Donnerstag »Einbrüche bei zivilcouragierten Einstellungen«. Dabei hat laut Studie die Gewaltbereitschaft bei Rechtsradikalen im Vergleich zu 2006 zugenommen.

Antisemitismus ist auf dem Rückzug, aber sekundärer, israelbezogener Antisemitismus und NS-relativierende Israel-Kritik seien »stark verbreitet«, so die Autoren.

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