Beirat für Freundlichkeit

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150 000 Euro gibt der Senat für ein Gremium, das Sozialsenator Mario Czaja (CDU) unterstützen soll. Geplante Flüchtlingsunterkünfte sollen Anwohnern besser vermittelt werden.

Lautstarke Proteste gegen Flüchtlingsunterkünfte in Berlin häufen sich wieder: Deswegen holt sich Sozialsenator Mario Czaja (CDU) jetzt parteiübergreifende Hilfe von außen. Er stellte am Montag den »Berliner Beirat für Zusammenhalt« vor. Er soll ihn dabei unterstützen, eine bessere Willkommenskultur für Flüchtlinge zu schaffen. Ziel sei es, schneller und besser mit Anwohnern und Nachbarn über geplante Flüchtlingsunterkünfte und die Flüchtlingssituation zu sprechen und so Sorgen abzubauen.

In dem in den vergangenen eineinhalb Wochen ins Leben gerufenen Beirat werden auf Czajas Bitte seine beiden Vorgängerinnen im Sozialressort, Ingrid Stahmer (SPD) und Heidi Knake-Werner (LINKE) sowie der ehemalige Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) und der frühere Justizsenator Wolfgang Wieland (Grüne) mitwirken. Der Paritätische Wohlfahrtsverband soll die Arbeit koordinieren. Der Senat stellt bis zu 150 000 Euro für den Beirat zur Verfügung, der Wohlfahrtsverband stockt seine Mittel für Flüchtlingsarbeit um weitere 100 000 Euro auf.

Angesichts der kriegerischen Konflikte in Nahost und Nordafrika werde die Zahl der Flüchtlinge eher noch zunehmen, sagte Czaja. »Wir stehen am Anfang einer Entwicklung, nicht in der Mitte oder am Ende.« In diesem Jahr werden rund 12 000 Flüchtlinge neu nach Berlin kommen. Die inzwischen 48 Flüchtlingsheime platzen aus allen Nähten. Deshalb müsse jetzt durch die sechs geplanten Containerdörfer mit 2400 Plätzen schnell Abhilfe geschaffen werden, sagte Czaja. Zeltstädte und Turnhallen für Flüchtlinge wolle Berlin auf jeden Fall vermeiden.

In den vergangenen Wochen waren wiederholt jeweils mehrere hundert Menschen gegen die geplanten neuen Notunterkünfte für Flüchtlinge auf die Straße gegangen. Der Protest wurde angestachelt und unterstützt bzw. koordiniert von Neonazis und rechten Parteien.

Czaja warb um mehr Verständnis für schutzsuchende Menschen. Hier könne sich der starke Zusammenhalt der Berliner bewähren. »Wir wollen daran arbeiten, wie wir das Zutrauen in diesen Berliner Zusammenhalt wieder stärken«, sagte Stahmer. Zu ihrer Zeit als Sozialsenatorin habe Berlin weit mehr Flüchtlinge unterbringen müssen als heute. 1989 und 1990 seien weit über 100 000 gekommen. Nach dem Fall der Mauer seien dies ein Drittel Asylbewerber und Zweidrittel Übersiedler aus der DDR gewesen.

Diepgen betonte, kein Problem werde durch das Verweigern von Tatsachen gelöst. Es würden noch weit mehr hilfebedürftige Flüchtlinge nach Berlin kommen und das müsse den Bürgern vor Ort klar gesagt werden. Es gehe um eine Vermittlung zwischen dem Handlungsdruck des Senats, schnell neue Flüchtlingsunterkünfte zu schaffen und dem Bedürfnis der Anwohner, frühzeitig informiert zu werden. Nachbarn müssten die Möglichkeit haben, ihre Sorgen auch drastisch zu formulieren, ohne gleich als Neonazis beschimpft zu werden.

Auch Wieland sagte, die Situation werde sich noch zuspitzen. Seinen Part sehe er darin, auf die zuzugehen, die Flüchtlinge auch jetzt schon willkommen heißen, und zu schauen, ob man nicht noch mehr tun könne. »Wir wollen Worte und Taten in Übereinstimmung bringen.« dpa/nd

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