Wien will keinen Weihnachtsfrieden

Mit der Klage gegen die Bayerische Landesbank zieht Finanzminister Schelling in letzter Minute die Notbremse

  • Hannes Hofbauer, Wien
  • Lesedauer: 2 Min.
Kein Fest des Friedens: Der österreichische Finanzminister sorgt mit seiner Klage gegen das finanzielle Flaggschiff Bayerns, die Landesbank, in München für Unmut.

Die Weihnachtsbotschaft von Finanzminister Schelling: Wien will 3,5 Milliarden Euro von München, weil beim Verkauf der Hypo Alpe Adria im Jahr 2009 die Republik Österreich von der Bayerischen LB getäuscht worden sei. Die bayerisch-österreichischen Beziehungen sind damit nach einer bereits bestehenden umgekehrten Klage auf einem Tiefpunkt. Buchstäblich in letzter Minute hat das österreichische Finanzministerium zu diesem juristischen Schlag gegen Bayern ausgeholt.

Die fünfjährige Verjährungsfrist, den Verkauf der einstmals von der BayernLB dominierten Hypo-Alpe-Adria-Bank betreffend, wäre am 31. Dezember abgelaufen. Im Dezember 2009 hatte nach mehrtägigen Verhandlungen auf höchster Ebene - unter Beteiligung der damaligen österreichischen und bayerischen Finanzminister - in nächtlicher Sitzung der österreichische Bund die Hypo-Bank von den Bayern übernommen, was als »Notverstaatlichung« kommuniziert wurde.

Nun klagt Wien, dass München bei den Verkaufsverhandlungen den wahren - extrem schlechten, konkursreifen - Zustand der Bank verschleiert und zudem kurz vor dem Verkauf 600 Millionen Euro aus der Hypo abgezogen hätte, was einem finanziellen Eingeständnis der Schieflage des Unternehmens gleichgekommen wäre. Die Klage aus Wien kann als Retourkutsche für die Ankündigung Münchens gelesen werden, seinerseits die Republik Österreich auf 2,4 Milliarden Euro zu verklagen, die Bayern beim Verkauf an Österreich seiner Meinung nach als Kredit in der Hypo belassen hatte. Wien definiert dieses Geld indes nicht als Kredit, sondern als Kapital. Mit der Frage, ob es sich bei besagter Summe um Kredit oder Kapitaleinsatz handelt, beschäftigt sich separat das Landgericht München.

Für ganze 4 Euro war die marode Hypo-Bank von der BayernLB, die sie erst im Mai 2007 mehrheitlich vom Land Kärnten erworben hatte, 2009 an Wien verkauft worden. 800 Millionen musste München als Kapital in der Bank belassen, um die Definition von weiteren 2,4 Milliarden kümmern sich die Gerichte. Die Republik Österreich hat sich mit dem Ankauf - je nach Lesart - 16 bis 20 Milliarden Euro an Schulden umgehängt, wovon 5 Milliarden bisher fällig wurden. Der Rest wartet in einer sogenannten Bad Bank auf Bedienung durch das österreichische Budget.

Finanzminister Schelling setzt, wie er gegenüber Journalisten betonte, auf einen Generalvergleich mit Bayern. Die Einbringung seiner Klage sieht allerdings nicht nach vertrauensbildender Maßnahme aus. Er hätte, so der ÖVP-Minister, mit seinem politisch aus demselben Lager stammenden Amtskollegen Markus Söder von der CDU vor acht Wochen einen Ausweg aus der verfahrenen Lage besprochen und bis heute keine Antwort bekommen. Daher musste er agieren. Die Verjährungsfrist war dann ausschlaggebend.

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