Tempo 80 für Thüringens Wälder

Umweltschützer wollen Höchstgeschwindigkeit für Autos auch auf Landstraßen senken

  • Sebastian Haak, Erfurt
  • Lesedauer: 3 Min.
Viele Bäume in Thüringens Wäldern sind krank. Umweltschützer halten radikale Maßnahmen für notwendig, um diesen Zustand langfristig zu verbessern.

Thüringer Vertreter des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) halten eine deutliche Absenkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit beziehungsweise ein Tempolimit für notwendig, um unter anderem die Wälder im Freistaat besser zu schützen - und zwar nicht nur auf den Autobahnen. Auch auf Landstraßen müsse langsamer gefahren werden als es vielerorts bislang erlaubt sei, sagt der Landesgeschäftsführer des BUND Thüringen, Burkhard Vogel. Richtig wäre es, die zulässige Höchstgeschwindigkeit dort von 100 auf 80 Stundenkilometer zu senken. Auf Autobahnen müsse zum Wohle der Wälder eine Höchstgeschwindigkeit von 120 Stundenkilometer eingeführt werden. Beides seien Schlussfolgerungen, die aus dem jüngst vorgelegten Waldzustandsbericht 2014 zu ziehen seien. Ausweislich dieses Papiers ist nicht einmal jeder vierte Baum in den Wäldern des Freistaats gesund.

Vogel sagte, ein Hauptgrund für die Schäden im Wald sei der nach wie vor viel zu hohe Gehalt von Stickstoffoxiden in der Luft. Diese Stoffe gelangten durch die Landwirtschaft, viel stärker aber noch durch die Emissionen des Straßenverkehrs in die natürlichen Kreisläufe der Erde. Weil mit steigender Geschwindigkeit eines Autos auch der Ausstoß der Stickstoffoxide zunehme, sei eine Absenkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit beziehungsweise die Einführung eines Tempolimits auf deutschen Straßen eine verhältnismäßig einfache Möglichkeit, etwas für die Waldgesundheit zu tun. Nach BUND-Angaben steigt der Stickstoffoxid-Ausstoß eines Autos um etwa 50 Prozent, wenn es auf einer Autobahn mit einer Geschwindigkeit von 150 statt 120 Stundenkilometern unterwegs ist.

Die Alternative zum Langsamfahren sei, sagte Vogel, insgesamt auf Autofahrten zu verzichten - was angesichts des steigenden Mobilitätsbedürfnisses der Menschen und des nach wie vor zunehmenden, gewerblichen Verkehrs aber kaum zu realisieren sei. Gleichzeitig räumte Vogel aber ebenfalls ein, dass sich auch die Absenkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit oder ein Tempolimit kaum werde politisch und gesellschaftlich durchsetzen lassen. Jedoch zeigten die Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern, »dass die Frage der Geschwindigkeit eine reine Gewohnheitssache ist«.

Es gibt seit Jahren immer wieder Bestrebungen von Umweltverbänden, aber auch von Verkehrspolitikern, in Deutschland mindestens auf Autobahnen ein allgemeines Tempolimit einzuführen - vor allem auch mit Blick auf den zu senkenden Kohlendioxidausstoß der Menschheit, der als eine Hauptursache für den Klimawandel gilt. Bisher sind solche Vorstöße immer gescheitert. Neben der Autoindustrie, die besonders mit hochmotorisierten Fahrzeugen der gehobenen Mittel- und Oberklasse Geld verdient, spricht sich auch der Automobilclub ADAC gegen solche Einschränkungen aus. Der Verein argumentiert, etwa 40 Prozent aller Autobahnabschnitte in Deutschland seien bereits dauerhaft oder zeitweilig geschwindigkeitsbeschränkt. Zudem arbeiteten die Motoren in modernen Autos schon heute sehr umweltfreundlich.

Nach den Daten des Waldzustandsberichts 2014 zeigt jeder dritte Baum in den Wäldern Thüringens deutliche, fast jeder zweite leichte Schäden. Die Zahl der Bäume mit deutlichen Schäden stieg demnach sogar im Vergleich zum Waldzustandsbericht des Jahres 2013 um drei Prozent an.

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