Weihnachtsmann gegen Mohammed?

Arno Klönne über Abendlandkämpfer

  • Arno Klönne
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Advent läuft aus, das christliche Hochfest steht an; der Einzelhandel ist mit dem vorweihnachtlichen Geschäft einigermaßen zufrieden. Die heimischen Traditionskirchen können für einen Tag mit Besucherzahlen rechnen, die das Jahr über längst nicht mehr aufzuweisen sind. Die Unterscheidung des Weihnachtsmanns vom Christkind ist für den Nachwuchs kein Thema mehr. Aber die Erzählung von der Geburt in Nazareth hat, wenn auch im Detail kaum noch geläufig, unangefochten ihren kommerziellen Wert - das Verlangen nach weihnachtlichen Geschenken ist ungebrochen. In dieser Hinsicht muß nichts Abendländisches gerettet werden. Und dennoch die Aggressivität gegen muslimische Zuwanderung?

Es sei »das genaue Gegenteil von Christentum«, erklärt der Ratsvorsitzende Evangelischer Kirchen in Deutschland, wenn fremdenfeindliche Parolen mit dem Bezug auf christliche Kultur »unterfüttert« würden. Aber das leuchtet keineswegs der gesamten hiesigen Christenheit ein. Nur ein Beispiel: »Nein zur Islamisierung Europas. Ja zu einem christlichen Europa, nach Gottes Geboten. Du sollst keine Götzen anbeten« - fordert die deutsche Bewegung für eine »Christliche Mitte«. Sie steht damit nicht allein. An den Rändern der protestantischen wie auch der katholischen Kirche und neben ihnen, mit dem Anspruch auf »christliche Fundamente«, haben religiöse Gemeinden und Verbände Zulauf, die den Kampf gegen den »fremden«, den »orientalischen« Glauben aufnehmen wollen. »Wir dürfen die Schlacht um die Wahrheit nicht scheuen« - sprach der prominente Journalist Peter Hahne. Gemeint ist das militante Verfechten einer Alleingültigkeit des eigenen Glaubens, aktuell im Gegensatz von Christentum und Islam. Die »Gotteskrieger« im Nahen Osten und darüber hinaus sehen die Lage genau so, auf der anderen Seite der ideologischen Front.

In den europäischen Ländern entstammt die Ideenwelt, die üblicherweise auf den nicht gerade präzisen Begriff »christlicher Fundamentalismus« gebracht wird, auch Verlustgefühlen: Von »volkskirchlichem« Leben ist immer weniger zu finden, die so genannte »Entchristlichung« macht weitere Fortschritte. Angeblich ist sie bösartigerweise von den politisch Linken zuwege gebracht worden, oder den Feministinnen, oder der Schwulenbewegung oder der »Frankfurter Schule«, et cetera. Und nun dringen die Betreiber der Moscheen in das Vakuum ein...

Auf den ersten Blick seltsamerweise verbünden sich mit den »Rettern des Abendlandes« politische Gruppierungen, die mit christlichen »Fundamenten« gar nichts im Sinne haben. Und auch Glaubenslose machen mit. Es bündeln sich, in Richtung auf faschistische Weltbilder, neurechte und rassistische Motive mit religiösen Nostalgien, und diese Annäherung wird gestärkt durch wirtschaftliche oder soziale Unzufriedenheiten, auch durch begründete Ängste dieser Art. Eine gefährliche Mischung, die regierende Politik verhält sich ihr gegenüber hilflos oder taktierend.

Und nun vorweihnachtliche Pegida-Kerzen - mit der Botschaft, die sich mit Jesus von Nazareth verbindet, haben sie nichts zu tun. Diese, nach allem was wir wissen, enthielt keinen Haß auf »Fremde«, für einen »Gottesstaat« warb sie auch nicht, die kriegerische Parole »Gott mit uns - den Feinden die Niederlage« war in ihr nicht vorgesehen. Dahin verfälscht wurde sie durch die Machtgier kirchlicher Herrschaftsschichten, in der abendländischen Geschichte, die derzeit irreführend als glückliche »christlich-jüdische« Zeit dargestellt wird. Da sind europäische Traditionen zu finden, deren Rettung keineswegs zu wünschen ist.

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