Freundliche Aufnahme

Im sizilianischen Messina setzten sich Anwohner für ein Flüchtlingsheim ein

  • Anna Maldini
  • Lesedauer: 3 Min.

Es geht auch anders. Während in Rom Hunderte mit Schlagstöcken und Brandbomben gegen ein Flüchtlingslager protestierten, gingen im sizilianischen Messina ganze Familien auf die Straße, um sich für eine Einrichtung stark zu machen, die jugendliche Asylbewerber aufnimmt.

»Casa Mosè« entstand vor einem guten Jahr, nach der Tragödie von Lampedusa. Der Verein Ai.bi., der sich in Italien seit Jahren um das Wohlergehen von Kindern kümmert, setzte sich dafür ein, italienische Pflegeeltern für die minderjährigen Flüchtlinge zu finden. Da sich die bürokratischen Erfordernisse aber nicht mit den Bedürfnissen der Jugendlichen vereinbaren ließen, organisierte man in der sizilianischen Stadt Messina eine Art Übergangslösung: Die Räume für die Unterbringung wurden erst einmal von einem Kloster zur Verfügung gestellt. Im letzten Jahr wurden dort etwa 100 junge Menschen zwischen 14 und 17 Jahren aufgenommen - heute leben hier noch 16 Minderjährige, vor allem aus Gambia, Senegal, Ghana, Mali und Ägypten.

»Casa Mosè« ist mehr als ein Aufbewahrungsort: Hier finden die Jungen Wärme und Herzlichkeit, hier gibt es keine großen Schlafsäle, sondern Zimmer mit maximal vier Betten. Hier bringt man ihnen die Sprache bei und schreibt sie in den Schulen des Stadtteils ein, um die Integration zu fördern. Sport steht auch ganz oben auf der Liste der Aktivitäten, und da vor allem Fußball.

Darüber kam es auch zu den ersten Begegnungen zwischen den Jungs von Messina und den Asylsuchenden. Italiener kletterten über den Zaun und begannen im Klostergarten, mit den Flüchtlingen Fußball zu spielen. Und wo Kinder sind, sind auch Mütter nicht weit: In kürzester Zeit brachten die Frauen aus dem Viertel Schuhe und Mäntel, Spielsachen und Lehrmaterial. »Als uns eine Mutter fragte, ob sie die Geburtstagsfeier für ihren Sohn nicht bei uns ausrichten konnte«, erzählt Dina Caminiti, Leiterin der Struktur, »war klar, dass dieses Experiment gelungen ist!«

Doch den Behörden ist das offensichtlich nicht viel wert. Die versprochenen Gelder - immerhin 20 Euro pro Tag und Kind - kamen erst nur tropfenweise und dann gar nicht mehr. Der Verein Ai.bi. schoss für alles Notwendige vor. Doch jetzt sind die Kassen leer, und auch die Spenden aus der Bevölkerung reichen nicht mehr aus.

»Casa Mosè« sollte schließen und die jungen Gäste auf andere Strukturen verteilt werden. Um das zu verhindern, ketteten sich Anfang Dezember italienische Mütter an die Tore des Heims und organisierten dann auch eine Demonstration vor dem Rathaus von Messina. Bisher haben sie als Antwort nur Versprechen erhalten. Wenn bis Ende 2014 keine Gelder geflossen sind, hieß es kurz vor Jahresschluss, werde »Casa Mosè« in Messina nicht weiter existieren und ein wirklich gelungenes Beispiel für die Aufnahme und Integration von Migranten in die Tonne getreten. Anna Maldini

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