Maler des Lichts und der Farbe

Wiedererinnerung an Fritz Duda in der Pankower degewo-Galerie Remise

  • Klaus Hammer
  • Lesedauer: 4 Min.

Es wird mir immer in Erinnerung bleiben, »Das weiße Grubenpferd« (1934/35, Öl auf Leinwand, im Besitz der Neuen Nationalgalerie Berlin): In seinen letzten Lebenstagen arbeitsuntauglich aus den »Stollen« hervorgeholt und durch das Tageslicht erblindet, steht es ungläubig staunend in der Landschaft, dem Betrachter Mitgefühl, Betroffenheit vermittelnd, aber auch Genugtuung und einen Funken Hoffnung - weil diese armselige Kreatur doch noch die oberirdische Welt erleben durfte.

Fritz Duda, der Bergarbeitersohn aus dem Ruhrgebiet, wollte - so erinnert sich sein Maler-Kollege Ronald Paris - »als ein Maler das Licht und die Farbe statt des Schwarz und Grau seiner Industrieumgebung in Bilder verwandeln«. Schon während seines Kunststudiums Kommunist geworden, in der Nazizeit mit Ausstellungsverbot belegt, ununterbrochen im politischen Untergrund tätig, war er auch in der DDR kein ausgesprochener Vorzeigekünstler; dazu war er viel zu unberechenbar, sondern blieb, obwohl er Mitbegründer und Funktionär des Verbandes bildender Künstler war, ein künstlerischer Außenseiter.

1991 im Alter von 87 Jahren verstorben, ist er in Vergessenheit geraten, und es stimmt ja auch: Seine Gestaltungen historischer und politischer Ereignisse mögen heute nur noch einen dokumentarischen Wert haben. Aber lebendig geblieben sind seine (Industrie-)Landschaften, seine Porträts und Figurenbilder, die Reiseimpressionen aus Bulgarien und Mittelasien, aber auch die farbenfrohen Blumenstücke und Stillleben. Und an sie - es sind Arbeiten aus dem Nachlass - will die so sehenswerte Ausstellung der degewo-Galerie Remise in Pankow erinnern, jenem Stadtteil, in dem der Künstler jahrzehntelang gelebt hat.

Fritz Duda malte nach 1945 die geschundenen Körper der Kriegsheimkehrer. In »Vor Ort« (1947, Öl auf Leinwand), in der klaustrophobischen Enge und Finsternis des Stollens - nur ein Öllämpchen wirft einen Schein auf den Mann an der vordersten Bildfläche - gehen die Bergleute ihrer Knochenarbeit nach. Wenn er deren Wohnstätten darstellte, dann erheben sich zwar die Halden bedrohlich im Hintergrund, aber die Anwesenheit von Menschen - ein »Pferdefuhrwerk vor Abraumhalden« (1956/57), Männer im Gespräch vor den »Garagen in Beckhausen« (1958) oder die im Winde flatternde Wäsche in »Meine Heimat« (1957/58) - geben den Arbeiten bei aller Tristesse der Behausungen etwas Heiter-Vertrautes. Der Wolkenhimmel verwehrt der Sonne den direkten Zutritt zur Erde. Dadurch treten die gebrochenen Farben etwas zurück, intensiv leuchtende Farbelemente - ein Rot und ein Grün - um so stärker hervor.

Alles ist in diesen Bildern in Bewegung: die beiden aufeinander zugehenden Männer, das Pferdefuhrwerk, der Fußgänger. Der Verzicht auf eine deutliche Modellierung der Details steigert die Illusion von einem ganz flüchtig auf die Straße geworfenen Blick.

Die Primamalerei, also das Malen in einem Zuge, ohne größere Unterbrechungen, gestattete Duda, wie das schon die Impressionisten getan haben, flüchtige Erscheinungen schnell wiederzugeben. Die plastischen Modellierungen, Schatten und die Raumtiefe wurden nicht mehr aus dunklen Braun- und Grautönen gemischt, sondern er setzte alles - harmonisch oder explosiv - in Farbe um. Hielt er sich zunächst noch an eine sensible Tonigkeit, so legte er später mehr Wert auf hellere, reiner und intensiver leuchtende Farben. Sein Blick für feinere Farbnuancen schärfte sich.

»Kastanien« (1957, Öl auf Leinwand): Arbeiter ziehen einen Mast hoch, aber über das emsige Menschenwerk wölben sich die kahlen Zweige zweier riesengroßer Kastanien. Welch poesievolle Stimmung geht von der zarten Farbigkeit der Dorfstraße in »Lietzow auf Rügen« (1957/58) aus. Die Bäume im Vordergrund geben den Blick frei auf die hellgetünchten Häuser, deren farbige Schatten sich unaufdringlich in der Harmonie des milden, sonnigen Sommertages einordnen. Eine leise Melancholie liegt über dem Bild, die sich auch auf den Betrachter überträgt. Wie Figurationen strecken die Baum-Silhouetten der »Winterlandschaft« (um 1947) ihre Zweige klagend in den Himmel. Klirrender Frost liegt über dieser Baumlandschaft. Der verharschte Schnee und die knorrigen, vereisten Bäume bestimmen mit dem kalt-rosa heraufziehenden Morgenlicht den Grundtenor des Bildes.

Aus der ernsten Herbheit seiner Malerei blüht in den Blumenbildern eine überraschende Schönheit auf, Harmonie und Lebensfreude erweckend. Sie lösen sich zart, behutsam und unauffällig aus dem dunklen Hintergrund (»Alpenveilchen«, um 1932) oder erstrahlen anmutig in ihrer Farbenpracht (»Zinnien«, 1956/57). Was bei ihm überzeugt, das ist die mal kühle, mal leuchtende Harmonie von fein abgestimmten Farben in einer Atmosphäre, die die Substanz der Dinge durchdringt und umhüllt.

Dudas Bilder wollen nicht etwas erklären, sondern ganz für sich wirken und überzeugen. Der Betrachter soll durch sie in Stimmungen versetzt werden, die zu selbstständigem Nachdenken anregen.

Fritz Duda - Malerei und Arbeiten auf Papier. degewo-Galerie Remise, Pankgrafenstr. 1, Di-Fr 12-18 Uhr, bis 5.2.

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