Tegel bekommt mehr Wohnungen

Neben Industrieansiedlungsplänen spielen Quartiere eine immer größere Rolle

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 3 Min.
Auf dem Areal des Flughafens Tegel sollten sich schon längst Bagger und Baukräne statt Flugzeuge bewegen. Wegen des verschobenen Umzugs zum BER geht die Nachnutzungsdebatte weiter.

Verändert hat sich in den jüngsten Tegel-Planungen der Stellenwert des Wohnungsbaus. Neben der Aufwertung des Flughafenrandquartiers Cité Pasteur soll ein neues Quartier in Richtung Kurt-Schumacher-Platz mit bis zu 5000 Wohnungen entstehen. Letzteres ist auch einer der Bausteine der vom Senat geplanten Bewerbung für die Olympischen Sommerspiele 2024 oder 2028, da das Areal zunächst als Olympisches Dorf genutzt werden soll. Am Dienstagabend nutzen Senat und die Tegel-Projekt-GmbH die Gelegenheit für ein Plädoyer für die Olympia-Pläne. Zwar sei Berlin »derzeit ein Hotspot« und stehe weltweit im Fokus, wie auch der stetige Zuzug zeige. »Wir müssen uns aber Gedanken machen, wie diese Entwicklung verstetigt werden kann, und dafür ist Olympia eine einmalige Chance«, sagt Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD).

Ursprünglich sollte der Airport Tegel 2011 nach Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens BER schließen. Daraus wurde bekanntlich nichts. Nach derzeitigem Stand wird Tegel wohl frühestens Mitte 2018 endgültig den Betrieb einstellen - und selbst dieser Termin ist mit vielen Fragezeichen versehen.

Unter Federführung der 2011 gegründeten landeseigenen Tegel Projekt GmbH arbeiten sechs Planungsbüros an den Konzepten für eine Nachnutzung des knapp 500 Hektar umfassenden Geländes im Norden Berlins. Darunter auch das Büro Gerkan, Marg und Partner, welches bereits maßgeblich an der Planung des 1975 eröffneten Flughafens verantwortlich war. 2013 verabschiedete der Berliner Senat den »Masterplan TXL«, der aber keineswegs in Stein gemeißelt sei, wie Geisel bei der 7. Standortkonferenz zu dem Projekt betont. »Ohnehin ist der Planungsprozess mit seiner intensiven Bürgerbeteiligung ein Musterbeispiel für Transparenz«, sagt Geisel.

Für die Planungsbeteiligten geht es bei der vorgesehenen »Urban Tech Republic« in Tegel um nicht weniger als eine »weltweit einmalige Verzahnung von Forschung, Lehre, Entwicklung und Produktion im Bereich urbaner Zukunftstechnologien«, wie es der Geschäftsführer der Projekt GmbH, Philipp Bouteiller, beschreibt. Dies solle auch ein wichtiger Impuls für die Reindustrialisierung der Hauptstadt werden, in der nach 1990 über die Hälfte aller Arbeitsplätze in der gewerblichen Produktion verloren gingen. In Tegel soll unter anderem die derzeit im Wedding ansässige Beuth-Hochschule für Technik mit 5000 Studienplätzen ihr neues Domizil finden. Geplant ist ferner die Ansiedlung von rund 800 Unternehmen mit 15 000 Arbeitsplätzen. Im Fokus stehen dabei Sparten wie Biotechnologie, urbane Mobilität und Recycling. Allerdings geht es bei dem Masterplan nicht um die Schaffung eines Gewerbe- oder Technologieparks. Vielmehr soll ein neuer Stadtteil entstehen: mit Wohngebieten, Erholungsarealen und umfassender Verkehrsanbindung.

Doch bislang existiert die sogenannte »Urban Tech Republic TXL« nur in den Köpfen der Planer und in Hochglanzbroschüren. Denn bislang gibt es weder Kostenberechnungen noch ein Finanzierungskonzept oder gar eine Bauleitplanung. Und auf einen Termin, an dem der Flughafen Tegel endlich geschlossen werden kann, wird in Berlin ohnehin kaum jemand wetten.

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