Neuer Anstoß für Freihandel mit Russland

Merkel signalisiert Bereitschaft zur Kooperation mit Moskau - wenn die Waffen in der Ukraine ruhen

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Russlands Präsident Putin brachte vor fünf Jahren die Idee für einen Wirtschaftsraum von Wladiwostok bis Lissabon ins Spiel. Jetzt greift Bundeskanzlerin Merkel den Vorschlag wieder auf.

Berlin. Kanzlerin Angela Merkel hat in der Ukraine-Krise ihr Angebot zur Wirtschaftskooperation mit Moskau bekräftigt und es an die Einhaltung des Waffenstillstandsabkommens von Minsk geknüpft. Auf die Frage, zu welchen Bedingungen eine Kooperation oder sogar ein gemeinsamer Handelsraum zwischen Russland und der EU entstehen könnte, sagte die CDU-Politikerin am Freitag in Florenz: »Wir brauchen jetzt dringend ein Treffen der Kontaktgruppe, damit nicht nur auf dem Papier etwas steht, sondern damit wirklich auch schwere Waffen mal abgezogen werden.«

Merkel beklagte, der im vorigen Jahr in Minsk vereinbarte Waffenstillstand zwischen prorussischen Separatisten in der Ukraine und der ukrainischen Armee habe »in den letzten Tagen nicht mehr in dem Maße existiert«. Wenn aber Probleme mit der Ukraine gelöst würden, könne man sich »natürlich vorstellen, dass zwischen der Europäischen Union und der Eurasischen Union Gespräche über Handelsfragen stattfinden«, sagte Merkel, die am Freitag nach Florenz zu Gesprächen mit Italiens Ministerpräsidenten Matteo Renzi gereist war.

Die Eurasische Union wurde im vergangenen Mai zwischen Russland, Weißrussland und Kasachstan eingerichtet. Anfangs bestand der Zusammenschluss als Zollunion. Seit Januar können auch Waren und Dienstleistungen frei gehandelt werden.

Beim Wirtschaftsgipfel in Davos hatte Merkel bereits am Vortag die Option von Verhandlungen zwischen der Europäischen und der Eurasischen Union zu einer Kooperation in einem gemeinsamen Handelsraum unterbreitet. In Florenz sagte Merkel: »Wir müssen alles daran setzen, auf diplomatischem Wege voranzukommen. Jeden Tag sterben Menschen.« Sie machte erneut deutlich, dass Russland unter Präsident Wladimir Putin mit der Annexion der Krim die territoriale Integrität der Ukraine verletzt habe.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel betonte am Freitag, dass man trotz der verheerenden Lage in der Ostukraine über die Zeit nach dem Konflikt nachdenken müsse. »Europa darf das europäische Russland nicht aufgeben«, sagte der SPD-Chef der dpa. »Europa braucht nicht nur enge Bindungen an die USA, sondern auch nach Russland, wenn wir in dem beginnenden asiatischen Jahrhundert wirtschaftlich und politisch eine Rolle spielen wollen.« Nach Überzeugung von Gabriel ist nun eine »kluge Doppelstrategie« gefragt: Fortsetzung der Sanktionen, bis die Umsetzung des Minsker-Abkommens beginnt - gleichzeitig aber das Angebot des Westens an Putin für eine künftige stärkere wirtschaftliche Kooperation mit Europa.

Die deutsche Wirtschaft sieht den Vorstoß der Bundesregierung positiv. »Wir dürfen nicht zusehen, wie Europa in einen neuen Kalten Krieg gegen Russland hineinrutscht. Es ist gut, dass das Thema gemeinsamer Wirtschaftsraum nun Chefsache ist«, sagte der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Wirtschaft, Eckhard Cordes, der dpa am Freitag.

Ex-Metro-Chef Cordes betonte, die Aufnahme direkter Gespräche zwischen Brüssel und der Eurasischen Wirtschaftskommission wäre ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer Lösung im Ukraine-Konflikt. »Wir müssen Länder wie die Ukraine, Moldau oder Georgien aus der Zwickmühle befreien, sich zwischen dem EU-Binnenmarkt und der Eurasischen Wirtschaftsunion entscheiden zu müssen«, betonte Cordes. Agenturen/nd

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