Ver.di kritisiert »Tarifflucht« bei der Post

Unternehmen gründete neue Tochtergesellschaft

  • Jörg Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di erhob am Mittwoch schwere Vorwürfe gegen die Deutsche Post AG (DP AG): Die bereite sich auf die Tarifflucht vor und begehe Vertragsbruch.

Der Grund für den Ärger? Im November 2014 wurde die DHL Delivery GmbH unter dem Dach der posteigenen Beteiligungsgesellschaft ins Leben gerufen. Und Anfang bis Mitte Januar wurden 49 regionale Niederlassungen (NL) gegründet, von denen aus Pakete zugestellt werden. Beschäftigte sind dann laut ver.di nicht mehr beispielsweise bei der »DP AG NL Augsburg« angestellt, sondern bei der »DHL Delivery Augsburg GmbH«, Arbeitsort und Tätigkeit verändern sich nicht.

Was sich aber ändert ist die Bezahlung. Derzeit würden befristet bei der DP AG Beschäftigten unbefristete Verträge bei der neuen Tochter angeboten, teilte ver.di mit. Auf ihren neuen Stellen würden die Menschen nach Gewerkschaftsangaben nur noch 65 bis 85 Prozent des Post-Haustarifvertrages verdienen. Die Zahl ist errechnet aus einem Durchschnitt der Verträge, die in den Bundesländern gelten. In Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise verdienen Beschäftigte in Entgeltgruppe 3 zwischen 64 und 80 Prozent des Post-Tarifes. In Baden-Württemberg sind es mit 103 bis 130 Prozent deutlich mehr. Neben der Schlechterstellung von neu Eingestellten droht die Entsolidarisierung in der Belegschaft.

Aus Gewerkschaftskreisen heißt es, zum Stichtag 31. März könnten bis zu 6000 befristete Arbeitsverträge bei der Post auslaufen. Man sei aufmerksam geworden, als die Post die Zahl der »befristeten Stammkräfte« 2014 binnen eines Halbjahres extrem aufgebläht habe, sagt ver.di-Sprecher Jan Jurczyk gegenüber »nd«.

Einer der Hauptvorwürfe ist indes, dass die Post gegen geltende Verträge mit der Gewerkschaft verstoße. Zum einen das Fremdvergabeverbot: Im Jahr 2003 schlossen die Post und ver.di einen Vertrag, der besagt, dass der Konzern maximal 990 Zustellbezirke an Fremdfirmen vergeben darf. Dieser Vertrag läuft am 31. Dezember dieses Jahres aus. Zum anderen wirft ver.di der Post Tarifflucht vor. Die geltenden Entgelttarifverträge laufen bis Ende Mai. Zudem: Betriebsräte gibt es in den neuen Unternehmen noch nicht. Auch das ist der Gewerkschaft ein Dorn im Auge.

Die Post widerspricht den Vorwürfen, dies sei »pure Demagogie«. Die Post habe ein stark wachsendes Paketgeschäft zu verzeichnen und müsse deshalb in Infrastruktur und neue Stellen investieren, sagte ein Sprecher gegenüber »nd«. Da die Post aber im Vergleich mit tariflosen Konkurrenten fast das Doppelte zahle, könne sich das Unternehmen das vor dem Hintergrund des harten Wettbewerbs auf dem Paketmarkt auf Dauer nicht leisten.

Ver.di habe jedwede Gespräche über eine Erneuerung des Tarifsystems kategorisch abgelehnt, so der Sprecher weiter. »Deshalb blieb uns nichts anders übrig als diesen Weg zu gehen.« Man werde den regionalen Arbeitgeberverbänden beitreten und nach Tarif zahlen. Wo es sehr wenig ist, wie in Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg, werde der höhere Tarif aus dem Nachbarland gezahlt. Zudem: Die Post sei lange schon bekannt für ihr mitbestimmungsfreundliches Verhalten. Selbstverständlich würde die Gründung von Betriebsräten auch in den neuen Unternehmen unterstützt. Bis Ende 2015 könnten dort rund 3000 Menschen arbeiten, bis Ende 2020 könnten es 10 000 sein, bis Ende 2025 bis zu 20 000, so der Sprecher weiter.

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