»Die Seilbahn braucht keine Berge«

Der österreichische Unternehmer Ekkehard Assmann über die Konjunktur der Schwebebahnen in Lateinamerika

  • Lesedauer: 3 Min.

Warum ist Lateinamerika auf die Seilbahn gekommen?

In Lateinamerika wird viel über Seilbahnen als nachhaltiges Verkehrsmittel diskutiert. Die Gondelbahn hat viele Vorteile: Sie ist relativ günstig, benötigt am Boden wenig Platz und produziert keine Emissionen. Seilbahnen sind CO2-neutral, sehr leise und die hügelige Topografie in vielen Städten Lateinamerikas kommt uns entgegen. Wobei ich aber einem Klischee entgegentreten möchte: Die Seilbahn braucht keine Berge.

Wie ist die Seilbahn in Caracas von der Bevölkerung angenommen worden?

Sehr gut. Es gibt keine Beschädigungen, weder Graffiti noch Vandalismus. Wir haben den Eindruck, dass die Seilbahn als Verkehrsmittel in diesen Stadtteilen angenommen worden ist. Die einfachen, teilweise marginalisierten Stadtviertel wurden durch die Seilbahn mit dem Zentrum der Stadt verbunden.

Das ist in La Paz ähnlich. Auch dort treffen sich Menschen ganz unterschiedlicher Bevölkerungsschichten in der Seilbahn. Die Bahn ist ein Erfolgsmodell, denn sie steigert die Lebensqualität und verschafft den Menschen mehr Lebenszeit, die sie nicht im Stau vergeuden. Das wird respektiert und geschätzt.

Warum kommt die Seilbahn so gut an?

Ich bin kein Soziologe, aber uns drängt sich der Eindruck auf, dass die Seilbahn sozialverträglich ist und unterschiedliche Menschen zusammenbringt. Anders als beim Straßenbau müssen der Seilbahn nur wenige Häuser weichen und wir versiegeln auch nur kleine Flächen - das sind durchaus relevante Vorteile.

Laut Finanzminister Luis Alberto Arce laufen bereits Verhandlungen über den Bau von fünf weiteren Linien. Wird Doppelmayr das Netz in La Paz ausbauen?

Die Verhandlungen laufen, aber es gibt noch keine konkreten Aufträge. Wir sind uns aber sicher, dass wir mit den ersten drei Strecken einen guten Job abgeliefert und in sehr kurzer Zeit die Infrastruktur aufgebaut haben. Ende Mai 2014 nahm die erste Linie ihren Dienst auf. Der Zuspruch der Bewohner in La Paz und El Alto ist unglaublich: Bis Jahresbeginn 2015 sind über 12 Millionen Fahrgäste mit den Seilbahnen gefahren.

Gab es Probleme beim Bau der drei Linien in La Paz und El Alto?

Es gibt immer Herausforderungen bei der Umsetzung. Wir mussten beispielsweise drei Mobilkräne mit 160 Tonnen Kapazität einschließlich Fahrer nach Bolivien schaffen, weil es sie vor Ort nicht gab. Zudem gibt es zwischen Österreich und Bolivien auch kulturelle Unterschiede. Den Umgang damit sind unsere Techniker aber gewöhnt, sie wissen, wie andere Kulturen funktionieren und dass es oft ein anderes Ausbildungsniveau gibt. Die Zusammenarbeit war aber sehr gut und es hat viel Spaß gemacht.

Klingt unkompliziert. Haben Sie auch schon Ihr Geld erhalten?

Ja, da gab es überhaupt keine Probleme.

Welche Rolle spielt der latein- amerikanische Markt für Doppelmayr?

Lateinamerika ist derzeit der Hotspot für Stadtbahnen in der Welt. Hier gibt es ein großes Potenzial und viele Städte überlegen, in eine Seilbahn zu investieren. Das ist für uns und unsere Mitbewerber natürlich sehr interessant. Generell fokussieren wir uns aber nicht auf eine Region, denn unser Markt ist die Welt. Wir haben Seilbahnen in mehr als 80 Ländern installiert. Allerdings ist es nach wie vor so, dass unser Kerngeschäft der Wintersport ist, wo rund 85 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet werden. Danach kommen die Stadtbahnen mit rund zehn Prozent Umsatz und zum Schluss der Materialtransport mit weiteren fünf Prozent.

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