Versprechen halten statt Konkurs verwalten

Athener Regierung kündigte Sofortmaßnahmen zur Bekämpfung von Armut und Korruption an

  • Anke Stefan, Athen
  • Lesedauer: 3 Min.
Die griechische Regierung zeigt sich entschlossen, ihre zentralen Wahlversprechen einzuhalten. Ministerpräsident Tsipras bleibt damit in Teilen auf Konfrontationskurs gegenüber den EU-Partnern.

In der Nacht zum Mittwoch wird sich die neue griechische Regierung einer Vertrauensabstimmung stellen müssen. Sie bildet den Abschluss einer dreitägigen Diskussion im Parlament, die am Sonntagabend mit der Vorstellung des Regierungsprogramms der Koalition aus dem Linksbündnis SYRIZA und der nationalistischen Partei ANEL eröffnet wurde. Am Montag waren dabei die Minister aufgefordert, Grundlinien und erste Schritte ihrer Ministerien zur Diskussion zu stellen. Dabei kündigte der dem Innenressort zugeordnete Vizeminister für Bürgerschutz, Giannis Panoussis, einen Richtungswechsel beim Einsatz von Polizeikräften bei Demonstrationen an: »Die griechische Polizei muss begreifen, dass kollektives Handeln keine Störung der öffentlichen Ordnung darstellt.« In dem Maß, in dem die Polizei die Ausübung demokratischer Rechte der Bürger erleichtere, »werden sich auch die Beziehungen zwischen ihr und den Bürgern verbessern«, setzte der politische Dienstherr der für den großzügigen Einsatz von Knüppeln und Tränengas bekannten griechischen Polizei hinzu.

Ministerpräsident Alexis Tsipras (SYRIZA) ließ wiederum bei seiner Regierungserklärung die interessierten europäischen Partner nicht lange zappeln. Seine Regierung sei »unwiderruflich entschlossen, die eigenen programmatischen Verpflichtungen aus dem Wahlkampf einzuhalten und umzusetzen«. Die Einhaltung der finanzpolitischen Zielsetzungen des Stabilitätspakts seien für das Land verbindlich, erklärte Tsipras. Aber: »Die Austerität nicht.« Seine Regierung habe »kein Recht, eine Verlängerung des Kreditprogramms zu beantragen«, stellte der Regierungschef klar und begründete dies damit, dass es keine »Fortsetzung der Fehler und der Katastrophen« geben dürfe.

Die Festlegung auf die Einhaltung der Wahlversprechen ist im Land von der großen Mehrheit der Menschen mit Erleichterung aufgenommen worden. Bei 60 bis 70 Prozent der Befragten findet Tsipras’ Linie in Umfragen Unterstützung. Das sind gut 20 Prozent mehr, als der Regierungskoalition bei der Wahl am 25. Januar ihre Stimme gaben.

Gegen die Mehrheit der europäischen Partner, allen voran die Europäische Zentralbank und den Internationalen Währungsfonds, setzt die griechische Regierung damit jedoch ihren Konfrontationskurs fort. In dem für die Sondersitzung der Euro-Gruppe am Mittwoch von Griechenland eingeforderten Programm dürfte es aber auch Punkte der Übereinstimmung geben. Insbesondere bei der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Korruption wurden in der Regierungserklärung konkrete Schritte angekündigt. Diese reichen von der Prüfung diverser Listen über Inhaber hoher Vermögen im Ausland bis zur Einrichtung einer Kontrollinstanz, um den Schwarzhandel mit Tabakwaren und Öl in den Griff zu bekommen. Auf Zustimmung dürfte bei den europäischen Partner auch die Ankündigung stoßen, »moderne Methoden zur Erfassung von steuerrechtlichen Vermögenswerten« einzuführen.

Eher symbolischen Wert, der aber für die Glaubwürdigkeit der Linksregierung nicht zu unterschätzen ist, haben Entscheidungen über die Reduktion des Personals und des Personenschutzes des Regierungschefs um ein Drittel sowie zum Verkauf eines Großteils des Fuhrparks der Ministerien sowie zumindest eines der drei regierungseigenen Flugzeuge. Weit über Symbolik hinaus gehen dagegen die Vorstellungen der Regierung von einer Neuorientierung der staatlichen Institutionen, darunter die Beschränkung der Zuständigkeit des Geheimdienstes auf die Abwehr des äußeren Feindes, die Demokratisierung des Polizeiapparats und die Aufwertung der Migrationspolitik durch die Einsetzung einer entsprechenden Vizeministerin im Innenministerium.

Insbesondere der Bundesregierung dürfte so gar nicht gefallen haben, dass Griechenland auf die Rückzahlung des von den Nazis erpressten Darlehens und die Begleichung weiterer Kriegsschulden bestehen wolle. Je nach Auslegung geht es um Milliardenbeträge im mittleren bis oberen zweistelligen Bereich; eine Summe, die geeignet wäre, einen guten Teil der griechischen Finanzprobleme zu lösen.

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