Vom Scheitern reden schadet

Roland Etzel zum Status quo in der Ukraine

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 2 Min.

Die ukrainischen Regierungssoldaten haben die Stadt Debalzewo verlassen - frei und lebend, und das ist wohl das Wichtigste. Stand doch weit Schlimmeres zu befürchten. Kiew sieht das aber vor allem als Ergebnis eines Bruchs der in Minsk vereinbarten Waffenruhe seitens der Freischärler.

An dieser Feststellung ist nicht zu deuteln. Die Frage, ob der jetzige Status quo nicht von vornherein zu erwarten war und folglich in einer Vereinbarung adäquat hätte besser berücksichtigt werden müssen, ist müßig, denn sie ist auf undiplomatische Art entschieden worden. Das stärkt zweifellos auf keiner Seite das Vertrauen in die und den Willen zu weiterer Diplomatie.

Aber wer hatte tatsächlich ernsthaft angenommen, dass nach anderthalb Jahren kaltem und nur etwas weniger mittelheißem Krieg in der und um die Ukraine ein paar Stunden Gespräche reichen, um ein ganzes Geflecht sich gegenseitig ausschließender Forderungen friedlich zu kanalisieren? Zumal die Freischärler - unterrepräsentiert - nur am Katzentisch zugegen waren, und die US-Amerikaner aus der Ferne zwar nur informell, aber kaum weniger kräftig mitpokern.

Wer jetzt, nur Tage nach Minsk, darauf besteht, den damit bezeichneten Verhandlungsmodus für gescheitert zu erklären und die «unentschuldbare» Nachgiebigkeit Westeuropas gegenüber Russland« geißelt, wie es etwa die US-Senatoren Graham und McCain tun, handelt verantwortungslos und hat wohl andere oberste Ziele als den Frieden in Europa.

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