Charlotte Kalla lässt Schweden jubeln

Langläuferin gewinnt über zehn Kilometer erstes WM-Gold für die Gastgeber

  • Eric Dobias und Gerald Fritsche, Falun
  • Lesedauer: 3 Min.

Als Weltmeisterin Charlotte Kalla die Glückwünsche der gedemütigten Skikönigin Marit Bjørgen entgegennahm, vergoss Nicole Fessel im Zielbereich bittere Tränen. In einem der verrücktesten Rennen der WM-Geschichte erlebten die deutschen Langläuferinnen wie die favorisierten Norwegerinnen am Dienstag einen frustrierenden Nachmittag. Kalla holte im dichten Schneetreiben von Falun über zehn Kilometer das erste Gold für Schweden und löste beim WM-Gastgeber ausgelassene Partystimmung aus.

»Wir waren bei dieser Materialschlacht wie andere große Nationen nicht dabei. Wir müssen jetzt hart arbeiten, um das in den Griff zu bekommen«, sagte Bundestrainer Frank Ullrich. Für sein chancenloses Trio Claudia Nystad (42.), Stefanie Böhler (43.) und Nicole Fessel (46.) empfand er Mitleid. »Nicole ist sehr enttäuscht und hat bitterlich geweint. Sie wollte hier angreifen«, berichtete Ullrich.

»Wir saßen gemeinsam mit den Norwegerinnen im Zelt und haben uns nur bedröppelt angeschaut«, erzählte Böhler. Rund dreieinhalb Minuten verloren alle drei DSV-Damen auf Kalla, die sich in 25:08,8 Minuten klar vor den Amerikanerinnen Jessica Diggins und Caitlin Gregg durchsetzte.

Bei starkem Schneefall wurde die Strecke immer stumpfer und bremste sogar die 13-malige Weltmeisterin Bjørgen aus, die mit Rang 31 das größte Fiasko ihrer Karriere erlebte. »Wir sind Opfer der Naturgewalten geworden. So etwas habe ich noch nie erlebt. Es war extrem, da hast du keine Chance«, sagte Böhler. »Es war, als ob man auf einem zehn Zentimeter hohen Teppichboden langrutscht«, beschrieb die 33-Jährige ihr Gefühl auf der Strecke.

Kalla stürmte dagegen wie losgelöst zum Titel und hüpfte danach wie ein Flummi durch den Zielbereich. »Ich habe mit der Skiauswahl lange gewartet, um zu schauen, wie der Schnee die Bedingungen auf der Strecke beeinflusst«, sagte Kalla und jubelte: »Ein Traum ist wahrgeworden.«

Für Claudia Nystad war das letzte WM-Einzelrennen ihrer Karriere eher ein Alptraum. »Ich kann einfach nicht mehr schnell laufen«, räumte die 37-Jährige ein und bekannte: »Ich bin gerade mit meinem Latein am Ende und völlig ratlos.« Trotzdem war Nystad am Ende sogar beste Deutsche. An ihrer grundsätzlichen Einschätzung änderte dies jedoch nichts. »Der Schnee ist sicher nicht zu unterschätzen, weil er eine andere Konsistenz angenommen hat. Aber mir fehlt auch die Spritzigkeit. Ich kann Kraft anwenden und alle Muskeln ansprechen, aber es kommt keine vernünftige Zeit dabei heraus«, sagte die Oberwiesenthalerin.

Dies klang wenig ermutigend für die Staffel am Donnerstag, wenn das olympische Bronze-Quartett von Sotschi die letzte Medaillenchance bei dieser WM nutzen will. »Mit dieser Zeit kannst du da keinen Blumentopf gewinnen«, sagte Nystad. dpa/nd

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