Kinder sind keine kleinen Arbeitslosen

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 2 Min.
Mit »Armut in Brandenburg« beschäftigte sich am Dienstagabend im Landtag eine Podiumsdiskussion der Linksfraktion und der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Der LINKE-Kreisvorsitzende Sascha Krämer zeigt Verständnis für den Streik der Busfahrer in Potsdam, Linksfraktionschefin Margitta Mächtig zeigt Verständnis für die streikenden Busfahrer im Barnim - auch wenn deshalb am Dienstag der Schulbus nicht fuhr. Es gehe um einen Cent mehr pro Transportkilometer, das sei nicht zu viel verlangt, begründete Mächtig ihre Ansicht.

Doch ein höheres Einkommen der Busfahrer würde erfahrungsgemäß eine Erhöhung der Ticketpreise nach sich ziehen. Kann es der brandenburgischen Durchschnittsseniorin mit ihren 770 Euro Rente im Monat gleichgültig sein, ob die Busfahrt 1,60 Euro oder 1,90 Euro kostet?

»Inzwischen entspricht die Rente in Brandenburg der Grundsicherung«, sagte der Vorstandsvorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Andreas Kaczynski bei der Armutsdiskussion am Dienstagabend im Landtag.

Sozialministerin Diana Golze (LINKE) erklärte die Verringerung der Armut in Brandenburg zu ihrem wichtigsten politischen Ziel. Nach dem jüngsten Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes ist auch in Brandenburg die Armutsquote zwischen 2010 und 2012 von 16,3 Prozent auf 18,1 Prozent gestiegen. 2013 sank die Armutsquote wieder leicht - auf 17,7 Prozent. Ministerin Golze wies darauf hin, dass Brandenburg mit dem leichten Rückgang in der Bundesrepublik so ziemlich allein dastehe. Mecklenburg-Vorpommern verzeichnet eine Armutskennziffer von 23,6 Prozent, Sachsen 18,8 Prozent, Sachsen-Anhalt 20,9 Prozent.

Selbst sieben Jahre wirtschaftlichen Aufschwungs in Brandenburg haben am Armutsproblem praktisch nichts geändert. Kaczynski erwähnte, dass sehr viele Menschen nicht als arm gelten, obwohl ihr Einkommen gering über der anerkannten Armutsschwelle liege. Als arm gilt in Deutschland ein Mensch, wenn er weniger als 60 Prozent des mittleren Nettoeinkommens zum Leben hat.

Dem jüngsten Arbeitsmarktbericht des Sozialministeriums zufolge haben sich die monatlichen Durchschnittslöhne in der gewerblichen Wirtschaft des Bundeslandes in den vergangenen fünf Jahren von 1850 Euro brutto auf 1950 Euro erhöht. Dies glich nicht einmal die Inflation aus.

Golze forderte, Kinder nicht als »kleine Arbeitslose« zu behandeln, die für die Erwerbslosigkeit ihrer Eltern büßen müssen. Eine Frau aus dem Publikum empörte sich, weil Hartz-IV-Haushalte um das Kindergeld betrogen werden, indem es auf das Arbeitslosengeld angerechnet wird. Der Landesvorsitzende der Volkssolidarität Bernd Niederland machte geltend, dass Kinderarmut zwar mehr Aufmerksamkeit erhalte, dass aber Familienarmut die Voraussetzung für Kinderarmut sei.

Der Landtagsabgeordnete René Wilke erinnerte, dass Frankfurt (Oder) die Armutshochburg in Brandenburg sei. Fast jeder dritte Einwohner der Stadt sei als arm einzustufen.

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