nd-aktuell.de / 09.03.2015 / Politik / Seite 20

Finnlands Reiche fühlen sich abgezockt

Millionär muss 54 000 Euro für eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 23 Stundenkilometern zahlen

Bengt Arvidsson, Stockholm
Ein finnischer Millionär muss ganze 54 000 Euro Strafe zahlen, weil er statt den erlaubten 80 Stundenkilometern 103 km/h gefahren ist. Nun wird gestritten, ob die Regeln rechtens ist.

Millionäre haben oft sehr schnelle Autos. Doch in Finnland können schon geringere Geschwindigkeitsübertretungen von 20 Kilometer pro Stunde zu empfindlichen Geldstrafen führen. Millionär Reima Kuisla wurde jetzt von der Polizei dabei erwischt, als er auf einer Straße mit einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h mit 103 km/h erwischt wurde. Er erhielt ein Bußgeld von acht Tagessätzen. Das Bußgeld für einen Tag entspricht einem Sechstel des Monatsgehaltes. Weil Kuisla laut Steueramt 2013 ein Einkommen von 6,5 Millionen Euro hatte, muss er nun 54 000 Euro Strafe zahlen.

Der Millionär ist sauer. Das sei nur wieder eine dieser Methoden um Menschen zu bestrafen, die erfolgreich sind«, schreibt er bei Facebook. »Ich überlege wirklich, dieses Land zu verlassen. In Finnland ist es für Leute mit hohem Einkommen und Wohlstand unmöglich zu leben«, wetterte er. »Leidensgenossen« pflichten ihm bei. Wo solle das Hinführen, wenn Millionäre bald für alles, vom Brot bis zur Butter, mehr zahlen müssten, nur weil sie viel mehr Geld haben, so ein Kommentar.

Immer wieder werden solche Extrembeispiele in Finnland bekannt. 2002 musste ein Nokia-Manager gar 116 000 Euro Strafe zahlen, weil er auf seiner Harley Davidson nur etwas zu schnell fuhr. Sein Jahreseinkommen von 14 Millionen Euro wurde ihm zum Verhängnis. Die Liste von Millionären, die Finnlands Staatskasse durch das zu Schnellfahren aufgebessert haben, ist durch die Jahrzehnte hinweg lang.

Grundsätzlich gilt, das bei sehr kleinen Vergehen auch in Finnland nur pauschale geringe Strafen verhängt werden. Aber sobald z. B. Geschwindigkeitsüberschreitungen von über 20 km/h auftreten, also schon relativ zeitig, greift die Einkommensfalle. »Strafgelder sollen vor allem abschrecken und zur Einhaltung der Gesetze führen. Auch wenn jemand viel Geld hat«, erklärt Risto Lammi, Finnlands Polizeichef für Verkehrssicherheit. Das gleiche Prinzip gelte im Übrigen auch bei allen anderen Bußgeldern in Finnland, so etwa bei der Erregung öffentlichen Ärgernisses, oder Alkohol am Steuer, betont er. »Die meisten Bußgelder kommen aber über den Verkehr rein. Doch in Finnland wird heftig diskutiert, ob diese einkommensabhängige Regelung gerecht ist oder nicht«, sagt er.

Finnlands drakonische Strafen gerade auch im Straßenverkehr haben ihre Gründe. Alkoholmissbrauch war wie auch in den anderen nordischen Ländern viele Jahrzehnte ein sehr verbreitetes Problem und ist es teilweise immer noch.

Bei Facebook haben die rasenden Millionäre jedoch nur wenige Anhänger. »Wenn Millionäre die Straßenregeln befolgen, müssen sie auch keine Strafen zahlen«, so der Tenor.