Auf baldiges Wiedersehen

Der Briefwechsel zwischen Friedrich Ebert und seinem Sohn Georg

  • Dagmar Neidigk
  • Lesedauer: 3 Min.

»Ich wurde im Jahr 1931 in eine Familie hineingeboren, die in der Geschichte bereits einen Namen hatte. Meinem Großvater Friedrich Ebert waren in schwierigster Zeit die Geschicke Deutschlands in die Hand gelegt worden. Auch seinem ältesten Sohn - meinem Vater - galt die politische Arbeit als Lebensinhalt. Und trotzdem haben beide so wie andere gelebt, geliebt, gearbeitet und den Familienalltag mit allen Höhen und Tiefen bewältigt«, erinnert sich Georg Ebert.


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* Rosel Ebert (Hg.): Friedrich Ebert jun. – Briefwechsel mit seinem Sohn Georg 1943-1945.
Trafo. 197 S., br., 14,80 €.


Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges traf seine Familie wie die vieler deutscher Antifaschisten hart. Für den heranwachsenden Georg brachte er zwei lange Jahre, von 1943 bis 1945, die Trennung von den Eltern. Heutige Jugendliche werden mit dem Wort »Kinderlandverschickung« kaum mehr etwas anzufangen wissen. Georg Ebert legt davon eindrucksvoll Zeugnis ab.

Mit seinem Bruder Friedrich gehörte er zu den rund 2,5 Millionen Mädchen und Jungen, die vor den zunehmenden Bombenangriffen der Alliierten und den dramatischen Versorgungsproblemen in den Städten in ländliche Gebiete evakuiert wurden. Die 10- bis 14-Jährigen waren zumeist in Lagern untergebracht, etwa 9000 gab es. Im streng reglementierten Alltag mit militärischem Drill und politisch-ideologischer Beeinflussung litten die meisten Kinder besonders stark unter Heimweh.

Georg und sein Bruder Friedrich wurden nach Zakopane in Polen verschickt. Der Vater versuchte, per Briefwechsel intensiven Kontakt zu halten und den Söhnen Mut zu machen. Obwohl er oft auch bittere Nachrichten mitteilen musste. So schrieb er Georg zu Weihnachten 1943: »Die schweren Nächte des 18., 22., 23. und 26. November liegen hinter uns wie ein böser Traum …In diesen Nächten ging auch das kleine Reich in Flammen auf, das Dein war. Keines Deiner vielen Bücher, kein Stück des Spielzeugs konnte gerettet werden, und der Schreibtisch voller Gerümpel, das Dir lieb und wert war, ist mit allem seinem Zauber vergangen.«

Georg berichtete den Eltern, wie er und sein Bruder Heilig Abend und die Weihnachtstage verlebt haben. Er habe zwei Bücher, »Wir tragen den Tod über’s Meer« und »Infantrie geht vor«, ein Notizheft sowie einen bunten Teller geschenkt bekommen. Rosel Ebert geht im Anhang ausführlich auf die Literatur und die Filme ein, mit denen die Kinder und Jugendlichen im Sinne der NS-Ideologie zum Heldentum erzogen werden sollten.

Georg Ebert erlebte als 14-Jähriger das Kriegsende fern vom heimatlichen Berlin in Weissenbach am Attersee. Erst Ende Februar 1946 ging es für ihn endlich nach Hause zu den Eltern, die in der sowjetischen Besatzungszone in Potsdam-Babelsberg auf ihren Jungen warteten.

Es ist Rosel und Georg Ebert zu danken, dass sie mit diesem Briefwechsel an ein Kapitel Kriegsgeschichte erinnern, das weniger im Fokus der Erinnerung steht. Die Schilderung des Kriegsgeschehens, einschließlich der Luftangriffe, der Sorge um die Kinder und der nicht einfachen Bewältigung der Trennung voneinander dürften von allgemeinem Interesse sein. Mit diesem authentischen Einblick in eine Familiengeschichte werden die Schrecken eines Krieges besonderes deutlich. Sie bestärken den 1945 von Antifaschisten artikulierten Vorsatz »Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!« In diesem Sinne wirkten Friedrich Ebert jun. und sein Sohn Georg denn auch in der DDR.

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