Werbung

EU-Flüchtlingspolitik: Pro Asyl kritisiert »Zwangssystem«

Geschäftsführer Burkhardt fordert: Mehr Menschen aus Syrien aufnehmen» / Beste Paten für Flüchtlinge sind die hier lebenden Angehörigen« / Deutschland hat bessere Möglichkeiten zur Aufnahme als Griechenland

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Der Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl, Günter Burkhardt, hat die Bundesregierung aufgerufen, mehr Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak aufzunehmen. Denn anders als Staaten wie Griechenland, Ungarn und Bulgarien habe Deutschland die Möglichkeiten, die Menschen zu versorgen und zu integrieren, sagte Burkhardt der Nachrichtenagentur AFP. »Wir haben in Deutschland europaweit die größte Gemeinschaft von Syrern, mehr als 120.000, und 90.000 Iraker.« Der Kontakt zu bereits im Land lebenden Verwandten und Landsleuten mache es Flüchtlingen leichter, Deutsch zu lernen, eine Arbeit zu finden und sich zu integrieren.

In Syrien tobt seit mehr als vier Jahren ein blutiger Bürgerkrieg, vor dem Millionen von Menschen geflüchtet sind. Ebenso wie der benachbarte Irak leidet das Land zudem unter der sich ausbreitenden Dschihadisten-Miliz Islamischer Staat (IS).

Von den in Deutschland aufgenommenen syrischen Flüchtlingen sei die überwiegende Mehrzahl zu Verwandten gekommen, die in Deutschland schon lange, teils als deutsche Staatsbürger lebten, sagte Burkhardt. »Die besten Paten für Flüchtlinge sind die bereits hier lebenden Angehörigen«, begründete der Pro-Asyl-Geschäftsführer seine Forderung nach einer verstärkten Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland. Die Strukturen in Deutschland könnten dadurch verstärkt werden, »dass die Aufnahmefähigkeit der Verwandten und der Gemeinschaften aktiv genutzt wird.«

»Es macht aus unserer Sicht überhaupt keinen Sinn, Europa so zu organisieren, wie es gegenwärtig der Fall ist, dass der erste Staat, den ein Asylbewerber betritt, das Asylverfahren durchführt und der Mensch dort bleiben soll«, sagte Burkhardt. Die meisten Syrer und Iraker kommen demnach zur Zeit vor allem nach Griechenland, Bulgarien und Ungarn. Auch eine diskutierte Verteilung von Flüchtlingen nach einem Quotensystem auf die gesamte EU lehnt Pro Asyl ab. »Das führt zu einem Zwangssystem, in dem Menschen in beträchtlicher Größenordnung in Europa hin- und hergeschoben werden und in Staaten kommen können, in denen es überhaupt keine Existenzgrundlage, keine Struktur für sie gibt«, sagte Burkhardt.

Er warnte, die »Folge all dieser Zwangsverteilungen - nach dem jetzigen oder einem Quotensystem - wird sein, dass die Menschen illegale Wege kreuz und quer durch Europa gehen«. Denn Staaten wie Griechenland, Ungarn oder Bulgarien seien »verarmte Gesellschaften, die nicht in der Lage sind, Flüchtlinge in einer größeren Zahl aufzunehmen und dauerhaft zu integrieren«, sagte der Pro-Asyl-Geschäftsführer.

In diesen Ländern gebe es keine Aufnahmestruktur für Flüchtlinge, bemängelte Burkhardt. »Sie leben dort in Obdachlosigkeit und Elend. Und viele Flüchtlinge berichten von rassistisch motivierten Übergriffen.« Auch gebe es Berichte über illegale Zurückschiebungen von Menschen durch den Einsatz von Gewalt an den Grenzen und über Misshandlungen von Flüchtlingen. AFP/nd

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal