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Wie heißt Herr Heumann wirklich?

BND-Mann beriet Waffenschmuggel-Reederei - der Geheimdienst verweigert Staatsanwaltschaft Aufklärung

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Eigentlich war die Anfang 2011 in die Pleite gesegelte Beluga Shipping GmbH nur noch eine Fußnote in der Bremer Reederchronik. Nun jedoch hat die Staatsanwaltschaft drängende Fragen an den BND.

Jahrelang galt Niels Stolbert als Vorzeigeunternehmer des Nordens. Dann ging seine Bremer Schwergut-Reederei Beluga Pleite. Mehr als 600 Mitarbeiter verloren ihren Job. Das geschah vor nunmehr vier Jahren. Zu der Zeit begann die Justiz mit ihrer Arbeit. Sie interessierte sich für den Firmenchef, ermittelte wegen Kreditbetrugs, Untreue und Bilanzfälschung.

Die Verfahren sind inzwischen abgeschlossen, die Anklage liegt beim zuständigen Landgericht. Das hat Zeit, viel Zeit. Dabei wird Stolberg und einigen ehemaligen leitenden Mitarbeitern allerlei vorgeworfen. Sie sollen zwischen 2006 und 2010 bei Schiffsneubaufinanzierungen bei Banken die Gesamtinvestitionskosten für 20 Schiffe um insgesamt 93,3 Millionen Euro überhöht dargestellt haben. Im Jahresabschluss 2009 finden sich fingierte Rechnungen in Höhe von rund 46 Millionen Euro. Auch im Zusammenhang mit dem Einstieg des US-Finanzinvestors Oaktree bei Beluga wurden Frachtaufträge gefälscht. 2010 soll es sich - laut Ermittlerwissen - um mindestens 189 Millionen US-Dollar gehandelt haben. 2011 steht die Summe von 316 Millionen US-Dollar zur Beurteilung.

Die Beluga-Reederei hat schon vor ihrer Pleite Schlagzeilen gemacht. Mindestens drei Mal in nur zweieinhalb Jahren wurden Beluga-Frachter von Piraten vor der Ostküste Afrikas und vor den Seychellen angegriffen und gekidnappt. Im August 2008 traf es die »BBC Trinidad«. Drei Wochen lang habe man verhandelt, bis das Schiff gegen Lösegeld freikam. »Für die Kollegen an Bord war das eine grauenhafte Zeit«, sagte Stolberg damals. Alle Vorsicht half nichts. Im Oktober 2010 war die »Beluga Fortune« das Ziel von Piraten, im Januar 2011 folgte eine Attacke auf »Beluga Nomination«.

Stoltenberg gehörte zu jenen Reedern, die im Kanzleramt vorstellig wurden. Ihre Forderung: Die Bundespolizei-Spezialeinheit GSG 9, Bundeswehr-Elitekommandos oder private Söldner sollten als Begleitschutz an Bord von Schiffen sein, um weitere Angriffe abzuwehren. Die Initiative versandete, gegen solche Einsätze spricht das Grundgesetz.

Offenbar hatte der Beluga-Chef aber mehr zu fürchten als Lösegeldforderungen. Denn die Fracht auf einigen seiner Schiffe war politisch hochsensibel. Nicht nur einmal transportierten sie Waffen. Ausgangspunkt war die Ukraine. 2010 lud man dort 150 Panzer sowie 75 Granatwerfer und Haubitzen für die Demokratische Republik Kongo ein. Ein Jahr zuvor transportierte ein Beluga-Frachter Schützenpanzer nach Myanmar. Das war mit Sicherheit illegal, denn es gab ein UN-Embargo gegen die dortigen Militärdiktatoren. Bereits 2007 lieferte die »Beluga Endurance« Panzer nach Kenia, die dann in Südsudan wieder auftauchten. Diese Lieferung ist für die Staatsanwaltschaft in Bremen uninteressant, weil verjährt.

Unlängst berichtete »Radio Bremen«, dass die Ermittler - um beim Thema Waffentransporte weiter zu kommen - nach einem Mann suchen, von dem sie nur den Arbeitsnamen und die Arbeitsstelle kennen: Klaus Heumann, Bundesnachrichtendienst.

Schriftlich bat man den Auslandsnachrichtendienst um den Klarnamen. Man will den Mann befragen, weil er offenbar als eine Art Berater der Reederei gearbeitet hat. Der Agent habe sich vermutlich der Beihilfe beim Verstoß gegen das Außenwirtschaftsgesetz schuldig gemacht. Immerhin soll er die Unbedenklichkeit der Waffentransporte bescheinigt und den Reedern Namen von Beamten gegeben haben, bei denen man auf Zuruf Genehmigungen für Kriegslogistik erhalten könne.

Der BND mauert und schützt seinen Mann. Noch will sich die Staatsanwaltschaft nicht geschlagen geben. »Derzeit läuft eine Nachfrage an den BND, in welcher er explizit um die Angabe der Personalien gebeten wird«, erklärt Staatsanwalt Frank Passade gegenüber »nd«. Erst wenn keine zufriedenstellende Antwort erfolgen sollte, werde man »den Weg über das Kanzleramt in Erwägung ziehen«. Vielleicht aber drängen ja auch Mitglieder des parlamentarischen Kontrollgremiums im Bundestag den Geheimdienst, die Wahrheit zu sagen. Das wäre jedenfalls ihr Job.

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