Russland erklärt Embargoende

Vor neuen Gesprächen mit Iran liefert Moskau lange zurückgehaltenes Flugabwehr-System

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 3 Min.
Russland will einst zugesagte Waffen an Iran jetzt liefern. Nach der Rahmenvereinbarung von Genf sieht Moskau keinen Grund mehr für die weitere Aufrechterhaltung des Embargos. Der Iran bleibt bei der Diskussion ruhig.

Die Ergebnisse der Verhandlungen über die iranische Atomindustrie sind, ausgenommen Israel, auf der ganzen Welt begrüßt worden. Es ist dennoch bisher nur eine Rahmenvereinbarung, die noch ausformuliert werden muss und von der folglich noch nichts praktisch umgesetzt ist. Schienen vor der entscheidenden Runde Mitte März in Genf vor allem die USA auf schnelle Ergebnisse zu drängen, so ist es jetzt, nach der Paraphierung der Vereinbarung, vor allem die Islamische Republik Iran.

Teheran war den westlichen Staaten in Genf in einer Weise entgegengekommen, wie diese das wohl selbst kaum erwartet hatten. »Niemand hätte am Anfang je gedacht, dass sie das tun würden«, wunderte sich der Chef des US-Geheimdienstes CIA, John Brennan, vergangene Woche.

Dafür möchte Teheran nun aber auch nicht ewig auf Gegenleistungen warten. Das Handelsembargo, der Bankenboykott, alle Hemmnisse sollen fallen und das schnell. Die Auskünfte, die man dazu vom US-Außenminister erhielt, stellen in dieser Hinsicht nicht zufrieden. Zwar erklärte sich John Kerry im US-Kongress für das Atomabkommen, aber damit allein ist den Iranern wenig geholfen. Kerrys Demokraten haben dort keine Mehrheit. Und die Republikaner haben sich auf das Thema Iran versteift, um Präsident Barack Obama kurz vor Ende seiner Amtszeit medienwirksam zu demütigen. Sie lehnen, ganz zur Freude der israelischen Hardliner, nicht nur diese, sondern jede Vereinbarung ab, die Iran die Aussicht auf zivile Kernernergie-Nutzung belässt.

Fachleute sollen prüfen, wie das Abkommen verifiziert werden kann, welche Reaktionen bei etwaigen Zuwiderhandlungen durch Iran verabredet werden sollten. So gab AFP am Montag die Sprecherin des US-Außenministeriums, Marie Harf, wieder. Erst wenn dieser Strafenkatalog ausformuliert und von allen Verhandlungsteilnehmern durchgewinkt sei, sollen die Sanktionen fallen; ab dem zweiten Halbjahr, schrittweise, vielleicht.

Die darob ernüchterten Mienen in Teheran dürften sich, ebenfalls noch am Montag, aber etwas aufgehellt haben. Am Abend hatte Russlands Außenminister Sergej Lawrow im Fernsehen verkündet, dass Moskau den Deal von Genf als ausreichend für die Aufhebung der antiiranischen Sanktionen betrachte. Noch dieses Jahr, so zitierte dpa den Sekretär des russischen Sicherheitsrates, Nikolai Patruschew, am Dienstag, soll das Flugabwehrsystem S-300 an Iran geliefert werden. Vereinbart worden war dies bereits 2007. Doch Moskau beugte sich damals, als die Beziehungen nach Washington noch entschieden besser waren als heute, starken US-Wünschen, die Waffensysteme nicht zu liefern. Da Russland jetzt aber selbst Sanktionen aus Washington ausgesetzt ist, sieht es offenbar weniger Anlass, nach der amerikanischen Pfeife zu tanzen. Zudem: Harf musste einräumen, dass eine Lieferung von S-300 nicht gegen UN-Sanktionen verstoße. Ihr Einwand, Iran trage aber zur Destabilisierung Jemens bei, ist lächerlich angesichts der Tatsache, dass die USA derzeit Saudi-Arabiens Bombenkrieg in Jemen aktiv unterstützen.

Teheran selbst möchte die Angelegenheit gar nicht hochkochen und wirbt schlitzohrig um Verständnis: S-300 werde die Möglichkeiten zur gemeinsamen Bekämpfung der Terrormiliz Islamischer Staat verstärken, sagte Verteidigungsminister Hussein Dehghan am Dienstag.

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