Jemen bleibt ein Schlachtfeld

Huthi-Rebellen verurteilen UN-Sanktionen / Hilfsorganisation evakuiert Ausländer

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 3 Min.
Über die Verhängung eines Waffenembargos durch den UNO-Sicherheitsrat haben sich die jemenitischen Rebellen enttäuscht gezeigt. Die Ausländerflucht aus dem Land hält unterdessen an.

Bis zuletzt hatten sie darauf gehofft, dass der russische Vertreter im UNO-Sicherheitsrat den Resolutionsentwurf einiger arabischer Staaten unter Federführung Saudi-Arabiens mit seinem Veto blockieren würde. Am Ende kam es nicht dazu. Seit Dienstag gelten nun ein Waffenembargo sowie weitere Zwangsmaßnahmen gegen die jemenitischen Huthi-Rebellen. Im Visier sind dabei vor allem Rebellenchef Abdulmalik al-Huthi und sein ältester Sohn. Auch der mit den Aufständischen verbündete vormalige Präsident Ali Abdullah Saleh ist betroffen. Alle drei sollen einem Reiseverbot unterliegen, ihre Vermögen im Ausland werden eingefroren.

Ob die Bezeichnung Rebellen überhaupt angebracht ist, sei dahingestellt. Die Huthis haben vor einem Monat die Macht in der Hauptstadt Sanaa und weiten Teilen des Landes erobert - ohne nennenswerte ausländische Hilfe und auch ohne dabei Massaker zu begehen. Ihre Machtübernahme ist nicht weniger illegitim, als sie es durch die syrischen Anti-Regierungs-Rebellen wäre, wenn es denn dazu käme. Dies streben Saudi-Arabien, andere arabische Monarchien und die westlichen Staaten an, ohne den Legitimitätsanspruch des syrischen Präsidenten in irgendeiner Weise zu beachten. Im Falle des bereits gestürzten und nach Saudi-Arabien geflohenen Staatschefs Jemens, Abd Rabbo Mansur Hadi, aber tun sie etwa das Gegenteil, verlangen seine Wiedereinsetzung und bestehen nicht einmal auf einen innerjemenitischen Dialog mit seinen Gegnern. Das ist Messen mit zweierlei Maß, genauer gesagt: Interessenpolitik zugunsten des mittelöstlichen Hauptverbündeten des Westens in Riad.

»Der Weltsicherheitsrat hätte sich besser mit Saudi-Arabien beschäftigen sollen«, beschwerte sich Mohammed al-Buchaiti aus der militärischen Führung der Huthi-Bewegung, am Mittwoch gegenüber dpa in Sanaa. »Die saudischen Luftangriffe zielen auf Jemens Infrastruktur und Bürger ab, um sie auszuhungern und zur Aufgabe zu zwingen.«

Ob und wie schnell das Embargo Wirkung zeigt, wollte am Mittwoch niemand prognostizieren. Bislang bedienten sich die Huthis der Waffen aus Regierungsbeständen. Diese sind in den vergangenen Jahren von westlichen Staaten, darunter auch Deutschland, reichlich gefüllt worden. Da Saudi-Arabien und seine Allianz weiter bomben dürfen, der Widerstand der Huthis aber kaum so schnell gebrochen werden kann, ist ein Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen also nicht abzusehen. Die Folge: Immer mehr Ausländer verlassen fluchtartig das Land, auch Deutsche.

Mit einem weiteren Evakuierungsflug wurden am Mittwoch laut dpa 148 Bürger aus 13 Staaten von Sanaa aus in die sudanesische Hauptstadt Khartum gebracht. Organisiert worden war die Aktion von der Internationalen Organisation für Migration (IOM). Dies ist keine reguläre Unterabteilung der UNO, aber eine, die von der Arbeitsweise und Struktur vergleichbar ist und in New York Beobachterstatus bei der Vollversammlung besitzt. Wie es heißt, sei die IOM von 38 Staaten gebeten worden, bei der Ausreise ihrer Bürger aus Jemen behilflich zu sein.

Das Auswärtige Amt (AA) bestätigte, dass sich noch rund 80 Deutsche dort befinden, nachdem in den vergangenen Tagen »fast 70« herausgeholt worden seien. »Zivilen Evakuierungsmöglichkeiten« gebe man einen klaren Vorrang, sagte eine AA-Sprecherin in Berlin. »Nur dann, wenn wir sehen, dass das nicht funktioniert, würden wir in Erwägung ziehen, auf andere Maßnahmen zurückzugreifen.« Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte, man sei vom AA gebeten worden, mögliche Optionen zu planen.

Dies weckte am Mittwoch auch die Wachsamkeit der Opposition im Bundestag. Bereits 2011 hatte es eine derartige Aktion gegeben. Damals hatte die Bundeswehr bei der Operation »Pegasus« deutsche Staatsbürger aus Libyen evakuiert, ohne ein Mandat des Bundestages einzuholen. Der Obmann der LINKEN im Verteidigungsausschuss, Alexander Neu, verlangt deshalb, dass die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag einen ganz konkreten Vorratsbeschluss zur Abstimmung vorlegen müsse oder aber im Rahmen der Regelung »Gefahr im Verzug« nachträglich um ein Mandat zu bitten habe. So entspreche es den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Kommentar Seite 4

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