Der Fall einer notwendigen Augenkorrektur

Altersprobleme keine Krankheit

  • Lesedauer: 2 Min.

Ein 54-jähriger privat krankenversicherter Mann litt an Grauem Star und Hornhautverkrümmung. Er war kurzsichtig und altersweitsichtig. Alle diese Probleme werde er auf einen Schlag los, so der Augenarzt, wenn er sich in beide Augen eine »torische Multifokallinse« einsetzen lasse. Das tat der Mann auch. Nach der Augenoperation 2012 sah der Patient auch ohne Brille wieder hervorragend.

Doch diese Linsen sind teuer: 963 Euro. Die private Krankenversicherung zahlte aber nur 200 Euro pro Stück. Begründung: Einstärkenlinsen zu diesem Preis hätten es auch getan. Sie könnten einfache Sehfehler ausgleichen. Alles, was darüber hinausging, sei medizinisch nicht notwendiger Luxus, für den sie nicht aufkommen müsse.

Mit seiner Zahlungsklage gegen die Versicherung erreichte der Patient immerhin einen Teilerfolg. Denn der vom Amtsgericht München beauftragte medizinische Sachverständige erklärte, dass eine Heilbehandlung nicht nur den Grauen Star, sondern auch die Hornhautverkrümmung korrigieren müsse: Beides könne man durch torische Intraokularlinsen ausgleichen.

Auf Basis dieses Gutachtens sprach das Amtsgericht München mit Urteil vom 27. Oktober 2013 (Az. 121 C 27553/12) dem Versicherungsnehmer weitere 338 Euro zu, denn zwei torische Intraokularlinsen hätten 738 Euro gekostet Im Übrigen wies es die Klage ab.

Die Krankenversicherung müsse nur die Kosten medizinisch notwendiger Heilbehandlungen erstatten, die Krankheiten heilen oder wenigstens lindern könnten. Altersweitsichtigkeit sei aber keine krankhafte Veränderung des Auges, kein »regelwidriger Zustand des Körpers«. Sie sei vielmehr Teil des natürlichen Alterungsprozesses eines Menschen. Daher habe der Versicherungsnehmer keinen Anspruch auf Erstattung der 1926 Euro, die er für seine Linsen ausgegeben habe. 1188 Euro müsse er selbst finanzieren.

Doch auch die Krankenversicherung liege mit ihrer Berechnung neben der Sache, so das Amtsgericht: Denn die von ihr bevorzugte Einstärkenlinse hätte nicht ausgereicht, um die Augenkrankheiten des Versicherungsnehmers zu korrigieren. Denn sie behebe die Hornhautverkrümmung des Mannes nicht. OnlineUrteile.de/nd

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