Vorsicht, Spitzgebuckelter oder Orangefuchsiger!

Experten warnen vor Verwechslungen von Speise- und Giftpilzen

Zuerst war es sehr warm, dann kam der Regen - ideale Bedingungen für das Wachstum von Pilzen. Seit einigen Wochen schießen Steinpilze und Maronen, Pfifferlinge und Ziegenlippen, aber auch ihre giftigen Verwandten wie Knollenblätterpilze oder Rauköpfe aus dem Waldboden. Es gab bereits schwere Fälle von Pilzvergiftungen.

Experten haben für 2006 bereits ein überdurchschnittliches Pilz-Wachstum vorausgesagt. Und sie befürchten für dieses Jahr besonders viele Vergiftungen durch Pilze. »Das ist derzeit leider unser Hauptgeschäft, unsere Telefone laufen buchstäblich heiß«, sagte der Leiter des für die norddeutschen Bundesländer zuständigen Giftinformationszentrums Nord, Dr. Herbert Desel, dem ND. Allein in der vergangenen Woche habe es in Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern einige schwere, zum Teil lebensbedrohliche Vergiftungen durch hochgiftige Knollenblätterpilze gegeben. Betroffen waren unter anderem zwei Spätaussiedler aus Russland, die offenbar Grüne Knollenblätterpilze oder Teile davon verzehrt haben. Aussiedler verwechselten diesen hochgiftigen Pilz häufig mit einem Speisepilz aus ihren Herkunftsländern, so Desel. Typische Symptome für die Knollenblätterpilzvergiftungen sind Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Die Beschwerden treten in der Regel erst etwa acht bis 12 Stunden nach dem Verzehr auf. Das Gift des Knollenblätterpilzes wirkt vor allem auf die Leber. Fällt das Organ vollständig aus, so bleibt als einzige Behandlungsmöglichkeit eine Transplantation. Neben den Vergiftungen mit Knollenblätterpilzen wurden dem Giftinformationszentrum Nord auch zwei schwere Vergiftungen durch Pantherpilze gemeldet. »Der Pantherpilz wird häufig mit dem Perlpilz verwechselt«, sagt Desel. Vergiftungen mit diesem Pilz machten sich vor allem durch Angstsymptome, starke Verwirrung und Wahrnehmungsstörungen bemerkbar. Die Göttinger Gift-Experten bekräftigten frühere Warnungen vor dem Genuss unbekannter Pilze. Viele überlieferte Methoden zur Identifizierung seien unzuverlässig: »Keine Pilze sammeln, die nicht ganz genau bekannt sind. Und nicht nach Buch sammeln, denn auch umfangreiche Pilzbücher zeigen nur einen kleinen Teil der bei uns wachsenden Pilzarten«, heißt es bei den Beratern. Desel erläutert, dass es keine allgemeingültigen Regeln über die Essbarkeit oder die Giftigkeit von Pilzen gebe. So sagten zum Beispiel Verfärbungen an mitgekochten Silberlöffeln oder Zwiebeln nichts über die Genießbarkeit der Pilze aus. Auch Fraßspuren von Tieren am Pilz bedeuteten nicht, dass dieser für Menschen essbar sei: »Der für Menschen tödliche Grüne Knollenblätterpilz wird von Kaninchen und anderen Tieren durchaus vertragen.« Mit diesem und anderen besonders giftigen Pilzen wie dem Kegelhütigen Knollenblätterpilz, dem Orangefuchsigen und dem Spitzgebuckelten Rauhkopf, dem Löwengelben Schleierling, der Gift- oder Frühjahrslorchel oder dem schon erwähnten Pantherpilz sollten sich Sammler unbedingt vertraut machen. Verwechslungsgefahr besteht nach Angaben der Fachleute bei dem essbaren Stockschwämmchen und dem Gifthäubling. Dieser Pilz wird in manchen Büchern noch als Nadelholzhäubling bezeichnet. Sowohl Stockschwämmchen als auch Gifthäubling können an toten Baumstämmen oder Ästen durcheinander wachsen. »Besteht nur der geringste Zweifel an der eigenen Bestimmung, sollte niemals vom eigenen Fund gegessen werden«, warnt Desel. Bei Verdacht auf eine Pilzvergiftung können sich Betroffene an die Giftinformationszentren und Giftzentralen in Deutschland wenden, sie sind 24 Stunden am Tag telefonisch erreichbar (Vorwahl der nächsten Großstadt und dann 19240). Personen mit dem Verdacht auf eine Vergiftung sollten sich in das nächste Krankenhaus bringen lassen. Erbrochenes, Putzabfälle und Reste der Mahlzeit sollten zur Untersuchung mitgebrach...

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