Verkehrspsychologen: Keine Aggressionen aufkommen lassen

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Wenn alle das Gleiche wollen, läuft nicht immer alles wunschgemäß. Das gilt besonders an den Hauptreisetagen zu Ferienbeginn oder an Wochenenden. Hier kommt es bei Autofahrern häufig zu Ärger und Frust. Dr. Thomas Wagner, Verkehrspsychologe bei Dekra, kennt dafür drei Gründe: Erstens die Differenz zwischen der eigenen Wunschgeschwindigkeit und der tatsächlich möglichen. Zweitens die vorausfahrenden Fahrzeuge, die trotz ausreichender Möglichkeiten die Überholspur nicht verlassen. Und drittens das andere Extrem, die aggressiv drängelnden Fahrer. In der Folge steigt der Blutdruck, das Herz schlägt schneller und der Köper schüttet das Stresshormon Adrenalin aus. Der Körper stellt sich auf Angriff oder Verteidigung ein genau wie vor Jahrtausenden bei unseren Vorfahren, als sie einer Gefahr ins Auge sahen. »Das ist schlecht für den Fahrer«, meint der Experte für Fahreignung, »denn er beschäftigt sich gedanklich zu viel mit dem Objekt seines Ärgers. Die Aufmerksamkeit für das eigentliche Verkehrsgeschehen sinkt. Außerdem entsteht eine Stimmung, aus der heraus tatsächliche oder vermeintliche Fehler anderer Verkehrspartner plötzlich viel mehr stören als in normalen Situationen.« Auch wird das Denken eingeschränkt, das Gehirn ist weniger in der Lage, negative Konsequenzen des eigenen Handeins angemessen zu beurteilen. Wer denkt in solchen Situationen schon daran, dass aggressives Fehlverhalten im Straßenverkehr streng geahndet wird? In § 315 c des Strafgesetzbuches sind die Sanktionen geregelt, die einem Autofahrer drohen, wenn er »Leib und Leben eines anderen« gefährdet: Dies kann bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe nach sich ziehen. Einer Studie zufolge sind auf deutschen Straßen deutlich mehr Männer mit »dickem Hals« unterwegs als Frauen, bei den Fahrzeugtypen fallen häufiger Fahrer von stärker motorisierten Limousinen auf. Gerade in dieser Gruppe ist die Diskrepanz zwischen dem hohen Wunschtempo und der Realität am größten. Um möglichst gelassen am Urlaubsort anzukommen, sollten Kraftfahrer für die Fahrt ausreichende Pausen einplanen und einen Zeitpuffer für Stop-and-go-Verkehr oder Stau einräumen. Jeweils nach zwei Stunden ist eine kürzere Pause mit etwas Bewegung an frischer Luft empfehlenswert. Außerdem sollte man ausgeruht starten, um länger fit zu bleiben. »Ganz wichtig ist auch die Stimmung, in der man losfährt«, betont der Verkehrspsychologe. »Positiv denken und die Vorfreude auf das Urlaubsereignis auf sich einwirken lassen. Andere Verkehrsteilnehmer nicht als Gegner, sondern als Verbündete betrachten - auch sie haben das Bedürfnis, ihr Ziel entspannt zu erreichen.« Autofahrer sollten sich zudem die eigenen Absichten und die der anderen klarmachen. Das schafft gegenseitiges Verständnis. »Dies«, so der Experte, »ist die beste Anti-Aggressions-Therapie.«
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