China verteidigt Vormachtstellung an der Tischtennisplatte

Bei der WM in Suzhou gewinnen die Gastgeber alle fünf Titel, die deutschen um Timo Boll wollen es bei Olympia 2016 in Rio besser machen

  • Dietmar Kramer, Suzhou
  • Lesedauer: 3 Min.
Auch ohne die angestrebte Medaille können die deutschen Tischtennis-Asse nach der WM in Suzhou ein positives Fazit ziehen - weitgehend.

Die Tischtennis-Großmacht China hat den Heimvorteil bei der WM in Suzhou perfekt genutzt. Zum neunten Mal gewannen die Chinesen alle fünf Titel bei einer Individual-WM. Der sogenannte Sweep stand schon vor dem Männer-Finale am Sonntag zwischen Topfavorit Ma Long und Fang Bo fest, das Ma Long mit 4:2 gewann. Die Überlegenheit der Gastgeber war frappierend. Während des einwöchigen Turniers verloren die Chinesen nur einmal im Mixed ein WM-Match gegen Nicht-Chinesen. In den Endspielen im Frauen- und Männer-Einzel sowie in den Doppeln waren die Chinesen komplett unter sich.

Und die Deutschen? Statt mit dem erhofften Medaillendoppelpack kehren Timo Boll und Co. wieder mit leeren Händen heim. Ihren Optimismus lassen sich die deutschen Asse aber nicht nehmen - trotz der nächsten Machtdemonstration der übermächtigen Chinesen. Vor den Olympischen Spielen 2016 in Rio und der Heim-WM 2017 in Düsseldorf regiert im Lager des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) die Zuversicht.

»Wir hätten uns den WM-Verlauf an manchen Stellen anders gewünscht, aber die WM ist keine bittere Pille für uns«, sagte DTTB-Präsident Michael Geiger zufrieden. Die Düsseldorfer Boll und Patrick Franziska hatten als beste Europäer das Viertelfinale im Einzel erreicht, das Mixed Steffen Mengel/Petrissa Solja (Bergneustadt/Berlin) stand ebenfalls unter den besten Acht, Irene Ivancan (Stuttgart) scheiterte erst im Achtelfinale. Das reichte Geiger für sein positives Fazit. Die Zielsetzung Medaille wollte er weder rückblickend noch für die Zukunft korrigieren: »Man muss sich hohe Ziele setzen, auch wenn man die nicht immer erreicht. Deswegen werden wir uns weiter vornehmen, um die Medaillen zu spielen und das auch so kommunizieren.«

Als Kandidat für einen Podestplatz wenigstens noch bei den nächsten beiden Großereignissen gilt Rekordeuropameister Boll - trotz seiner mittlerweile 34 Jahre. Zwar hatte der deutsche Rekordmeister das frühe Ende seiner Titelträume im Doppel mit dem chinesischen Weltranglistenersten Ma Long zu verkraften, umso mehr imponierte die frühere Nummer eins der Welt im Viertelfinale gegen den einheimischen Weltranglistenvierten Fan Zhendong (2:4). Dass es nicht zu seiner zweiten WM-Einzelmedaille nach Bronze 2011 reichte, störte Boll daher weniger. »So ein Spiel haben mir sicher viele nicht mehr zugetraut. Ich habe bewiesen, dass ich immer noch dazugehöre und mit ein bisschen Glück die besten Chinesen schlagen kann«, sagte der Weltranglistensiebte nach seinem dritten WM-Viertelfinale in Folge. Männer-Bundestrainer Jörg Roßkopf sieht Boll, der in Suzhou zum 15. und 16. Mal bei Olympia- oder WM-Turnieren auf dem Weg zu Titeln oder zumindest Medaillen an Chinesen scheiterte, noch lange nicht auf dem absteigenden Ast: »Bei allen Turnieren, die Timo spielt, ist er gut, deshalb müssen wir uns um Rio bei ihm keine Gedanken machen.«

Hinter dem Routinier lagen Freud und Leid nah beisammen. Trotz der Zweitrundenniederlage des Weltranglistensechsten Dimitri Owtscharow (Hameln) gehörten durch den überraschenden Siegeszug von Jungstar Franziska (Roßkopf: »Ein Wahnsinnsturnier«) zum zweiten Mal nach Paris 2013 zwei DTTB-Starter zu den besten Acht einer WM.

Bei dem auch in den sozialen Netzwerken abgetauchten Europameister Owtscharow setzt Roßkopf auf Lerneffekte: »Dima hat sich nicht gut genug präsentiert, war nervös und hat seinen Gegner schon vorher groß geredet. Aus solchen Niederlagen geht er normalerweise gestärkt hervor. 2017 wird er die Chinesen herausfordern.«

Im Idealfall bietet sich für Roßkopfs Mannen schon in Rio mindestens eine Chance dazu: »Wir wollen bei der EM im Herbst wieder die Nummer eins werden und dann versuchen, für Olympia mit der Mannschaft an zwei gesetzt zu werden«, sagte Roßkopf und bastelte damit noch in Suzhou an Plänen für den nächsten Angriff auf Chinas Serien-Champions. SID/dpa

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