nd-aktuell.de / 14.09.2006 / Politik

Einreiseverbot für Bello und Co.?

Knud Vöcking über die Jahrestagung von IWF/Weltbank in Singapur / Vöcking arbeitet seit 2002 als Weltbank-Referent bei der Nichtregierungsorganisation Urgewald

ND: Mehreren Vertretern von Nichtregierungsorganisationen (NRO) wurde die Einreise nach Singapur zur Herbsttagung von Internationalem Währungsfonds und Weltbank diese Woche in Singapur verweigert. Mit welcher Begründung?
Vöcking: Die Begründung war kurz, aber prägnant. Die Behörden gaben die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit sowie von Recht und Ordnung an. Das ist eigentlich der Code dafür, dass man terrorismusverdächtig ist.

Sind die betroffenen NRO terrorismusverdächtig?
Selbstverständlich nicht. Es handelt sich schließlich um vom Internationalen Währungsfonds und der Weltbank akkreditierte NRO, die über jeden Terrorismusverdacht erhaben sind. Die Vorwürfe sind völlig unhaltbar und dienen allein der Unterdrückung von kritischer Meinungsäußerung und friedlichem Protest.

Sind prominente Globalisierungskritiker darunter?
Ja, beispielsweise Walden Bello aus den Philippinen. Er wurde in den nicht gerade für Pressefreiheit bekannten Medien Singapurs explizit als potenzieller Gewalttäter denunziert. Wer den kleinen, schmächtigen Träger des alternativen Nobelpreises kennt, kann darüber nur den Kopf schütteln. Bello ist einer derjenigen, die den Dialog zwischen der Zivilgesellschaft und der Weltbank seit Jahren vorangebracht haben.

Apropos Weltbank. Sie hat sich doch für die Möglichkeit eines friedvollen Protests in Singapur eingesetzt. Wie reagiert sie jetzt?
Der Einsatz der Weltbank hielt sich in Grenzen. Genau 50 Quadratmeter in dem großen Kongresszentrum in Singapur sollten NRO für Proteste zur Verfügung gestellt werden. Die NRO-Kollegen, die nun vom Behördenbann belegt worden sind, sind ganz normale Vertreter der Zivilgesellschaft, die seit Jahren auch im Gespräch mit der Weltbank sind. Umso beschämender ist es für die Weltbank, dass sie das Vorgehen der Behörden entgegen den Absprachen hinnehmen muss und nur halbherzig protestiert.

Wie verhalten sich die Nichtregierungsorganisationen? Was wird aus dem Gipfel auf der indonesischen Insel Batam?
Wir sind derzeit im Diskussionsprozess, was wir machen. Klar ist, dass auf jeden Fall die von uns selbst organisierten Veranstaltungen in Batam stattfinden werden, soweit da nicht noch irgendwas Schlimmeres passiert. Ob diejenigen Veranstaltungen boykottiert werden, die bislang in Kooperation mit der Weltbank geplant sind, wird noch diskutiert. Die Entscheidung fällt am Freitag. Davon abgesehen fordern Nichtregierungsorganisationen in einem Brief an Weltbank-Präsident Paul Wolfowitz und IWF-Direktor Rodrigo de Rato, klare Konsequenzen aus der Weigerung Singapurs zu ziehen, akkreditierten Vertretern der Zivilgesellschaft die Einreise zu verweigern.

Gibt es denn eine Reaktion von deutscher Regierungsseite? Heidemarie Wieczorek-Zeul ist ja als Förderin der Zivilgesellschaft bekannt.
Wenn wir beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) anrufen oder ihnen einen E-Mail schicken, erhalten wir eine positive Resonanz. Sie .sagen, dass sie dabei sind, zu protestieren. Es gibt bisher aber noch keine öffentliche Verlautbarung seitens des BMZ, dass man diesen Skandal schlimm findet, sondern bisher passiert alles hinter den Kulissen. Eine öffentliche Stellungnahme dazu gibt es noch nicht. Das ist definitiv zu wenig.

Fragen: Martin Ling