Verspätet, teuer, gefährlich

Zukunft des Militärtransporters wird nach Absturz einer Maschine immer unsicherer

  • Ralf Streck, Madrid
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Absturz des A400M in Sevilla ist ein erneuter schwerer Rückschlag für eines der bedeutendsten europäischen Rüstungsprojekte.

Auf den Absturz eines Airbus A400M beim ersten Testflug in der Nähe von Sevilla folgte am Montag der Absturz der Airbus-Aktie an den Börsen. Im Frankfurter DAX bildete sie das Schlusslicht und verlor 3,5 Prozent. Noch schlimmer sah es in Spanien aus, wo die Aktie des größten europäischen Flugzeugbauers sogar um knapp sechs Prozent abstürzte. Nach Verzögerungen und einer Kostenexplosion bei einem der bedeutendsten europäischen Rüstungsprojekte ist die Sorge groß, dass der riesige Truppentransporter nun auch noch technische Mängel aufweist.

Dass Airbus schon am Dienstag mit den Testflügen am französischen Standort Toulouse fortfahren will, obwohl gerade erst vier Menschen bei dem Absturz in Spanien starben, verwundert auch viele Experten. Weiter ist unklar, weshalb der A400M abgestürzt ist - immer lauter wird die Kritik. Es wird von Problemen auf allen Ebenen gesprochen. Nachdem schon Deutschland und Großbritannien zunächst Testflüge ausgesetzt haben, schloss sich auch die Türkei dem Schritt an. An dieses NATO-Land sollte die in Sevilla abgestürzte Maschine verkauft werden.

Mit Bezug auf einen Überlebenden wird von »massiven technischen Problemen« beim gecrashten Airbus berichtet. Schon kurz nach dem Start hätten die Triebwerke versagt, soll der Schwerverletzte erklärt haben. Spanische Experten meinen, die Ursachen ließen sich recht schnell klären, da die Daten der Maschine auch per Satellit in Echtzeit überwacht worden seien. Obwohl die Flugschreiber noch nicht ausgewertet sind, klingen Berichte glaubhaft, dass gut eine Minute nach dem Start in einer Höhe von gut 500 Metern die Triebwerke ausgefallen seien.

Klar ist, dass es auch im Airbus-Konzern massive Kritik am Projekt gab. Da der erste Transporter im vergangenen September mit vierjähriger Verspätung und deutlich teurer als geplant ausgeliefert wurde, sollte nun die Montagekapazität in Sevilla auf 2,5 Maschinen im Monat verdoppelt werden. Die Situation sei nicht tragbar, erklärte Bernhard Gerwert, Chef der Rüstungssparte Airbus Defence and Space, im Januar. Er befürchte auch, dass weiter abgespeckt werden müsse, denn einst wurde mit dem Bau von 400 Maschinen gerechnet. Zuletzt lagen 174 Bestellungen aus Deutschland, Frankreich, Spanien, Großbritannien, Belgien, Luxemburg, Türkei und Malaysia vor.

Ende Januar ersetzte Airbus nach sechs Jahren den Chef der Militärflugzeugsparte, Domingo Ureña-Ras, durch Fernando Alonso. Gerwert hoffte, »existierende Mängel« so effizient wie möglich zu beseitigen. Und Alonso gab im März zu, dass darunter auch »technische Fehler« und »Fehler in der Lieferkette« seien. Man erhalte in Sevilla nicht fertiggestellte Teile, »das ist das Schlimmste, was passieren kann«, sagte er. Wegen fehlender Kapazitäten und mangelnden Know-hows sollten 120 Ingenieure und 40 erfahrene Flugzeugmonteure in das spanische Werk verlegt werden.

Zeitungen, darunter auch die große »El País«, verweisen auf den Druck aus Deutschland, die Produktion zu steigern. Das sei »entscheidend in den letzten Monaten gewesen«, heißt es. »El Confidential« bezieht sich auf Manuel Ponce, den Luftfahrtexperten der spanischen Gewerkschaft UGT, der auch von Druck aus Frankreich spricht. Das habe zu »mehr Überstunden« und zur Einstellung von noch mehr Zeitarbeitskräften geführt. Ponce sieht einen »hohen Politisierungsgrad«, weshalb auch über die Auslagerung eines Teils der Montage gesprochen worden sei. Mit Bezug auf Airbus-Quellen berichtet »El Confidential«, dass bei Testflügen auch Elemente benutzt würden, die noch »aktualisiert« werden müssten - was die Risiken erhöhen könne.

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