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Dänische Rentnerinnen sind die glücklichsten

Nirgendwo anders in Europa sind Seniorinnen zufriedener mit ihrem Leben

  • Bengt Arvidsson, Stockholm
  • Lesedauer: 3 Min.
Die glücklichsten Rentnerinnen Europas leben, so eine Studie, in Dänemark. Ein ausgebautes soziales Sicherungssystem, gute Freunde, viele Hobbys und Emanzipation gelten als Gründe.

Immer wieder gelangen die Dänen in internationalen Glücklichkeitsmessungen ganz nach oben. Dabei gilt eine Altersgruppe als besonders glücklich: Dänische Rentnerinnen zwischen 65 und 73 Jahren sind laut einer Zusammenstellung von Eurostat-Daten nicht nur glücklicher als jüngere Dänen, sondern auch die glücklichsten ihrer Altersgruppe im europäischen Vergleich. Demnach erhalten sie 8,5 von 10 Punkten auf der Glücklichkeitsskala. Der EU-Durchschnitt liegt bei 6,8.

Die Glücksforschung hat gezeigt, dass Menschen in jungen Jahren besonders glücklich sind, in den ernüchternden mittleren Jahren fällt die Kurve dann deutlich ab, um im Alter wieder anzusteigen. »Um die 40 realisiert man, dass das Leben nicht so geworden ist, wie man es sich mit 20 vorgestellt hat«, sagt Christian Björnskov, Volkswirtschaftsprofessor an der Universität Aarhus, dieser Zeitung. »Da sind Kinder, Schulden, die Karrieremöglichkeiten nehmen ab. Man beginnt sich selbst und seine Grenzen nüchterner zu betrachten. Wenn dieser schmerzhafte Prozess bewältigt ist, geht es mit dem Glücksgefühl wieder aufwärts«, fügt Dänemarks bekanntester Glücksforscher hinzu. Alt zu werden, kann also durchaus Vorteile haben. »Alte Menschen wissen besser, was sie glücklich macht, und sie leben danach, statt dem zu folgen, was Außenstehende von ihnen erwarten«, sagt Björnskov.

Dass dänische Rentnerinnen den Lebensabend schöner finden als gleichaltrige dänische Männer, könne damit zu tun haben, dass sie sozialer sind und engere Freunde haben. Die helfen auch bei der Bewältigung von Lebenskrisen. Männerfreundschaften in Dänemark entstehen oft am Arbeitsplatz und sind distanzierter, so Björnskov. »Das Gefühl, irgendwo dazu zugehören, ist sehr zentral für das Glück nach dem Renteneintritt.«

»Den Däninnen im Ruhestand ist auch der einmal ausgeübte Beruf nicht so wichtig für Sinnstiftung und Selbstwert wie für viele gleichaltrige Männer«, sagt auch der Psychologe Lars Ginnerup dieser Zeitung. Ginnerup betreibt in Kopenhagen eine »Glücksklinik«.

Dass gerade Rentnerinnen in Skandinavien so glücklich sind, soll am gut ausgebauten Wohlfahrtsstaat liegen. Und daran, dass die heutige dänische Rentnergeneration dank Jahrzehnten des Aufschwungs relativ wohlhabend ist. Soziale Unterschiede sind geringer, die Chancengleichheit hoch. »Das Freiheitsgefühl ist dadurch größer«, sagt Ginnerup.

Auch die anderen skandinavischen Länder stehen in Sachen Glück stets weit besser da als etwa die Briten oder Amerikaner. »Der dänische Wohlfahrtsstaat ist sehr gut darin, Faktoren zu begrenzen, die zu extremem Unglücksgefühl führen«, kommentierte auch Meike Wiking vom Institut für Glücklichkeitsforschung im dänischen Rundfunk. Eine Studie vom Melbourne Mercer Global Pension Index aus Australien hat zudem ergeben, dass Dänemarks von umfangreicher sozialer Integrität und Grundsicherung geprägtes Rentensystem das beste von 25 untersuchten Ländern ist.

Aber auch weiche Faktoren spielen eine große Rolle. »In Dänemark ist das Vertrauen in die Ehrlichkeit anderer Menschen und Organisationen sehr groß«, sagt Björnskov. US-Forscher hätten in verschiedenen Städten weltweit Geldbörsen mit Bargeld und Ausweis platziert. In Kopenhagen seien alle gefundenen Geldbörsen zurückgegeben wurden, so Björnskov.

Zudem ist die Emanzipation von Frauen in Skandinavien fortgeschrittener als andernorts. »Ältere Däninnen machen eher was ihnen selbst gut tut, haben häufig viele Hobbys, machen Sport, reisen und sind über traditionelle Familienverpflichtungen hinaus sehr aktiv«, so Björnskov.

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