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Kulturschätze für jedermann?

Thüringer Museumsmacher würden gerne öfter freien Eintritt bieten - doch das ist teuer

  • Andreas Hummel
  • Lesedauer: 3 Min.
In Erfurt sind Museen jeden ersten Dienstag im Monat kostenfrei - mit guten Ergebnissen. Gera musste seinen eintrittsfreien Freitag wieder abschaffen. Doch die Diskussion geht weiter.

Thüringer Museen haben gute Erfahrungen mit eintrittsfreien Öffnungstagen gemacht. Allerdings fehlt es oft an Geld, um solche Angebote nach dem Vorbild anderer Länder zu schaffen oder auszuweiten. Kann oder soll man sich solche Angebote leisten? »Diese Diskussion sollte jede Stadt führen«, sagte Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff (LINKE).

Dieselben haben unterschiedliche Erfahrungen damit gesammelt. Gera etwa hatte im Februar 2013 einen eintrittsfreien Freitag pro Monat eingeführt - doch fiel der gut ein Jahr später dem Stadthaushalt zum Opfer. Die Erfurter Museen dagegen können jeweils am ersten Dienstag im Monat gratis besucht werden. So sollen sich die Erfurter auf diese Weise stärker mit ihren Kultureinrichtungen identifizieren. »Die Erfahrungen sind durchweg positiv. Die Anzahl der Besucher hat sich am eintrittsfreien Tag gegenüber den Tagen mit Eintritt deutlich erhöht«, heißt es bei der Stadt. In Gera hatten dagegen besonders Stammbesucher das nun wieder eingestellte Angebot genutzt, auch viele Senioren.

Letztlich liegt die Entscheidung für einen Gratistag bei den Trägern - oft eben die Kommunen. So will die Stadt Gera auch das Thema Eintrittspreise bei der Arbeit am neuen Museumskonzept noch einmal umfassend prüfen, erklärt der Fachdienstleiter Kultur, Frank Rühling. Er verweist auf Ermäßigungen für Jugendliche und Studierende sowie freien Eintritt im Rahmen des Unterrichts. »Ein Museumsbesuch muss in Gera also nicht an zu hohen Kosten scheitern.«

Die Diskussion begleitet den Geschäftsführer des Museumsverbandes, Holger Nowak, schon seit einigen Jahren. Für die Museen wäre dies wünschenswert, doch seien die Einnahmen aus den Eintrittsgeldern ein wichtiger Posten - zumal sie oft ohnehin nicht ausreichend finanziert seien. »Ich würde es schon als Erfolg sehen, wenn Kinder und Jugendliche generell freien Eintritt hätten.«

Das ist etwa in den Einrichtungen der Klassikstiftung Weimar der Fall. Dort kommen seit 2009 Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre kostenlos in Museen und Ausstellungen. Seither steige der Anteil von Kindern und Schülern an der Gesamtbesucherzahl jährlich um ein bis zwei Prozent, teilt die Stiftung mit.

»Es ist eine Willkommensgeste«, erläutert der Bildungsreferent der Klassikstiftung, Folker Metzger. Weitere Gratisangebote sollen hinzukommen. So werde das Untergeschoss des neuen Bauhausmuseums mit der »Topografie der Moderne« frei zugänglich. Auch die Parks der Stiftung können kostenfrei besucht werden, ebenso wie viele Ausstellungseröffnungen, Podiumsdiskussionen und Vorträge.

Nach Einschätzung der Fachleute ist es allerdings eine Illusion, dass mit freiem Eintritt allein gerade die Menschen angelockt werden, die sonst nicht kommen. »Das ist nicht allein eine Frage des Preises«, meint auch Kulturminister Hoff, »dazu braucht es attraktive Angebote im Bereich der kulturellen Bildung, zum Beispiel durch Kooperationen der Museen mit Schulen.« Auch Metzger weiß um »unsichtbare Grenzen«, die einige Bevölkerungsgruppen vom Museumsbesuch abhielten - gerade auch im bildungsbürgerlich geprägten Weimar. Es gebe Lehrer, die »mit ihrer Klasse nicht ins Museum gehen, weil sie Angst haben, dass die Schüler zu laut sind und sich nicht richtig benehmen«.

Hoff betont, dass die finanziellen Spielräume nicht größer würden und schon heute viele Kommunen mit Notlagen zu kämpfen haben. Das Land selbst sei kaum in der Lage, hier einzuspringen. Erfurt trägt die Mindereinnahmen für den eintrittsfreien Museumstag selbst, die Klassikstiftung versucht das Angebot für Kinder und Jugendliche durch Gebühren an anderer Stelle etwa für Audioguides zu kompensieren.

Sponsoren - wie beim Folkwang Museum in Essen - stehen dafür nicht zur Verfügung. Die Aussicht, solche Geldgeber hierzulande für eintrittsfreie Museumstage zu gewinnen, schätzt Nowak vom Museumsverband angesichts als gering ein: »Letztlich greifen alle in der Kulturszene an dieselbe Klinke, aber nur einer kriegt sie auf.« dpa/nd

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