Regierung gibt zu: Streikrecht wird eingeschränkt

Antwort auf Anfrage der Grünen: Gerichte könnten Arbeitskampf als »unverhältnismäßig« untersagen / Verkehrsminister Dobrindt warnt Lokführer vor neuem Streik

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Während Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) die Lokführergewerkschaft GDL vor dem Hintergrund der erneut gescheiterten Tarifgespräche einem neuen Streik warnt, hat die Bundesregierung laut einem Zeitungsbericht zugegeben, dass mit dem geplanten Gesetz zur so genannten Tarifeinheit das Streikrecht eingeschränkt wird. Davor warnen Opposition und Experten seit langem. Auch eine Reihe von Gewerkschaften hat sich deshalb gegen die Pläne ausgesprochen. Beobachter haben stets hervorgehoben, dass die GDL in ihrem Arbeitskampf bei der Bahn auch die Frage des bedrohten Streikrechts politisieren würde.

Wie nun die »Süddeutsche Zeitung« schreibt, hat die Bundesregierung nur wenige Tage vor der Verabschiedung erklärt, das umstrittene Gesetz könne unter Umständen auch zur Einschränkung des Streikrechts führen. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium, Anette Kramme (SPD), habe auf Anfrage der Grünen-Politikerin Beate Müller-Gemmeke erklärt, die Prüfung eines Streiks durch ein Gericht »kann ergeben«, dass dieser »unverhältnismäßig sein kann, soweit ein Tarifvertrag erzwungen werden soll, dessen Inhalte evident nicht zur Anwendung kommen«. Dies wäre dann möglich, wenn im Falle rivalisierender Gewerkschaften in einem Betrieb nur noch der Tarifvertrag der Gewerkschaft Gültigkeit haben soll, welche die meisten Mitglieder hat. Einer kleineren Gewerkschaft könne also unter Umständen ein Arbeitskampf untersagt werden, da dieser dann »unverhältnismäßig« sei - heißt: Mit ihm würde ein Ziel verfolgt, dass mit dem Streik gar nicht erreicht werden kann.

Müller-Gemmeke wird von der Zeitung mit den Worten zitiert, die Bundesregierung sei »an dieser Stelle zum ersten Mal ehrlich«. Die Grünen-Politikerin kritisierte zudem, die Koalition täusche die Öffentlichkeit, wenn sie »immer und wieder beteuert«, dass das Gesetz das Streikrecht nicht verändere. »Die gesetzliche Tarifeinheit ist ganz eindeutig ein Angriff auf das Streikrecht, und das ist nicht akzeptabel.«

Derweil hat angesichts der erneut gescheiterten Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn Bundesverkehrsminister Dobrindt die Lokführergewerkschaft GDL vor einem neuen Streikt gewarnt. »Mir fehlt das Verständnis dafür, wenn man sich nach monatelanger Tarifauseinandersetzung einer Schlichtung verweigert«, sagte Dobrindt der »Bild«-Zeitung. Er rief die GDL zum Einlenken auf und verlangte eine Schlichtung des Konflikts. »Verantwortungsvolle Tarifpartnerschaft verpflichtet auch zur Suche nach Kompromissen, das kann nur am Verhandlungstisch geschehen«, erklärte der CSU-Politiker.

Am Wochenende hatten sich die Fronten zwischen GDL und Deutscher Bahn erneut verhärtet. Beide Seiten warfen sich gegenseitig den Abbruch der Tarifverhandlungen vor. Die GDL hatte in dem Tarifstreit bereits mehrfach gestreikt, zuletzt legten die Lokführer im Mai fast eine Woche lang die Arbeit nieder. Agenturen/nd

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