Die sieben Herausforderungen Afrikas

Wirtschaftsausblick sieht höheres Wachstum, aber mittelfristig auch große Probleme auf den zweitgrößten Kontinent zukommen

  • Roland Bunzenthal
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Unterentwicklung in vielen Teilen Afrikas hat externe wie interne Ursachen. Laut einer aktuellen Studie der Afrikanischen Entwicklungsbank gibt es aber auch viel ungenutztes Potenzial.

Afrika steht vor großen Herausforderungen: Für das laufende Jahr erwarten Experten ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 4,5 Prozent - nach 3,9 Prozent im Jahr 2014. Die Spanne reicht dabei von 6,3 Prozent in Nigeria bis hin zu bescheidenen 1,5 Prozent in Südafrika.

Neben hohen Risiken birgt die sich heute abzeichnende Situation gleichzeitig erhebliche Chancen. Ein Patentrezept gibt es jedoch nicht. Zu diesem Ergebnis gelangt der am Dienstag beim 50. Jahrestreffen der Afrikanischen Entwicklungsbank (ADB) in Abidjan (Elfenbeinküste) vorgestellte »Wirtschaftsausblick Afrika 2015«. Er wird gemeinsam von der ADB-Gruppe, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und den Vereinten Nationen herausgegeben.

In einer schonungslosen Analyse benennt der Bericht sowohl externe als auch interne Ursachen der Unterentwicklung: So kritisiert er die westlichen Geber, die ihre Entwicklungshilfe für Afrika derzeit erheblich kürzten - und das besonders bei den ärmsten Ländern.

Auf kurze Sicht sind die Experten hingegen wieder etwas optimistischer. Die Ebola-Seuche (sie kostete die drei betroffenen Volkswirtschaften rund 1,4 Milliarden US-Dollar), zunehmende regionale Konflikte und sinkende Rohstoffpreise sorgten allerdings dafür, dass die Wissenschaftler bei der letztjährigen Prognose das Wachstum um einen ganzen Prozentpunkt zu hoch eingeschätzt hatten.

In dem Bericht wird die Hoffnung geäußert, dass ein verstärkter Süd-Süd-Handel die Länder weiterbringen könnte. Bisher geht nur ein Achtel des Warenverkehrs der afrikanischen Staaten in andere Entwicklungsländer. Langfristig stellen sich politische, ökonomische, soziale, ökologische und demografische Faktoren als Hindernisse einer Entwicklung in den Weg. So wird sich die Bevölkerung Afrikas von rund 1,1 Milliarden Menschen (Stand 2013) in den nächsten 15 Jahren auf zwei Milliarden fast verdoppeln. Allein, um die Jugendlichen unterzubringen, die neu in den Arbeitsmarkt drängen, wären bis 2030 rund 370 Millionen neue Jobs nötig. Allerdings bietet der neue jugendliche Elan künftig auch Wachstumschancen.

An zweiter Stelle steht das Klimaproblem. Afrika ist von den Folgen der globalen Erwärmung stärker betroffen als andere Regionen, schon jetzt ist der Verlust an fruchtbarem Boden durch Dürren und Erosion gewaltig.

Die dritte Herausforderung für den zweitgrößten Kontinent ist die zunehmende Schieflage bei der Einkommensverteilung - sowohl beim Vergleich der Staaten des Erdteils als auch bei der Verteilung innerhalb der einzelnen Länder. Der Bericht kalkuliert, dass auch im Jahr 2030 noch mindestens 300 Millionen Afrikaner in absoluter Armut leben werden, also täglich weniger als umgerechnet 1,25 US-Dollar zum Leben zur Verfügung haben.

Die vierte Herausforderung besteht in der wachsenden Abkopplung vom Weltmarkt. Derzeit liegt der Anteil Afrikas gerade einmal bei 3,3 Prozent. Da zwei Drittel der Exporte aus Rohstoffen bestehen, sind diese Staaten anfällig für die Schwankungen der Weltmarktpreise, wie sie seit Jahren häufig vorkommen.

Die fünfte Herausforderung ist laut dem Bericht die mangelnde Stabilität der politischen Systeme, die häufig in bewaffnete Konflikte mündet. Die sechste Herausforderung ist das Vordringen religiöser Fanatiker. Die siebte Herausforderung sind die Seuchen und Epidemien wie Ebola oder Aids.

Eine einheitliche Strategie, mit den Herausforderungen umzugehen, empfiehlt der Bericht nicht. Für manche Länder, heißt es darin, sei nach wie vor eine auf der Landwirtschaft basierende Entwicklung sinnvoll. Andere Staaten sollten hingegen die neuen Chancen der digitalen Dienstleistungen besser nutzen.

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