Weniger Arbeitslose - aber nicht im Osten

Jobcenter auf Flüchtlingsbetreuung nicht vorbereitet

  • Lesedauer: 3 Min.
Positive Zahlen gibt es vom Arbeitsmarkt. Doch in Sachen Langzeitarbeitslosigkeit und bei der Flüchtlingsbetreuung liegt nach wie vor einiges im Argen.

Nürnberg. Die Arbeitslosigkeit in Deutschland ist auf den niedrigsten Mai-Wert seit 24 Jahren gesunken. Die Zahl der Jobsucher ging im Vergleich zum Vormonat um 81 000 auf 2,762 Millionen zurück, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Dienstag mitteilte. Dadurch sank die Arbeitslosenquote um 0,2 Punkte auf 6,3 Prozent. »Obwohl sich das Wirtschaftswachstum zuletzt etwas abgeschwächt hat, entwickelt sich der Arbeitsmarkt weiterhin günstig«, sagte BA-Chef Frank-Jürgen Weise. Im Vergleich zu 2014 ging die Erwerbslosigkeit um 120 000 zurück.

Hauptgrund für den Rückgang war der Frühjahrsaufschwung. Doch auch die saisonbereinigte Arbeitslosenzahl sank um 6000 auf 2,786 Millionen. Hier zeigt sich allerdings eine deutliche Ost-West-Verschiebung: So sank die Erwerbslosenzahl nur im Westen; im Osten stagnierte sie. Dies könnte nach Ansicht von Ökonomen auf die seit Januar geltende Mindestlohnregelung zurückzuführen sein. Diese habe in Ostdeutschland zum Abbau geringfügiger Beschäftigung geführt. Einen Beschäftigungsaufbau habe es dagegen nicht gegeben.

Auch die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Sabine Zimmermann, kritisierte Fehlentwicklungen beim Mindestlohn. Es gebe kaum einen Rückgang bei den Aufstockern, also denjenigen, die trotz eines Jobs Sozialleistungen beantragen müssen. Die Koalition habe die Wirkung des Mindestlohnes von Anfang an mit den zahlreichen Ausnahmen und der zu geringen Höhe beschränkt.

Positives meldete die BA von der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Die stieg von Februar auf März (letzte verfügbare Zahlen) um 78 000 auf 30,47 Millionen. Damit legte die Zahl der regulär Beschäftigten gegenüber März 2014 um 537 000 zu. Auch die Nachfrage nach Arbeitskräften stieg weiter. Im Mai waren bei den Arbeitsagenturen 557 000 offene Stellen gemeldet, 75 000 mehr als vor einem Jahr.

Weise sieht aber auch Probleme: Er bedauerte, dass von der zunehmenden Nachfrage nach Arbeitskräften nur wenige Arbeitslose und noch weniger Langzeitarbeitslose profitierten. »Die Langzeitarbeitslosigkeit geht nicht zurück. Das ist ein Schwachpunkt.« Die Zahl derjenigen, die seit mindestens zwölf Monaten ohne Job sind, liegt konstant bei knapp über einer Million.

Ein weiteres großes Problem sei die wachsende Anzahl von Flüchtlingen. Schon jetzt kümmerten sich Jobvermittler um rund 350 000 Zuwanderer, darunter eine wachsende Zahl von Flüchtlingen, sagte BA-Vorstand Heinrich Alt. 90 Prozent davon würden von den staatlich finanzierten Jobcentern betreut, ohne dass diese ausreichend vorbereitet seien. 2015 dürften weitere Zehntausende hinzukommen. Die Bundesregierung müsse einspringen, sagte er. Benötigt würden rund 1000 zusätzliche Jobcenter-Mitarbeiter und rund 150 Millionen Euro, mahnte Alt. Die von der BA finanzierten Arbeitsagenturen seien dagegen für diese Aufgabe finanziell und personell gut aufgestellt.

Für die kommenden Monate gehen Forscher und Bankenvolkswirte nur noch von einer geringen Dynamik auf dem Arbeitsmarkt aus. Sie rechnen mit weiter sinkender Arbeitslosigkeit - allerdings werde der Aufschwung langsamer. nd/dpa

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