Puppenrevolution in Australien

Designerin produziert die Spielzeuge mit bodenständigen Gesichtern und Kleidungsstücken

  • Barbara Barkhausen, Sydney
  • Lesedauer: 3 Min.
Geschminkte Lippen, riesige Augen, wallende Haare - das macht viele Puppen zum Streitobjekt in Sexismusdebatten. Eine australische Puppendesignerin gibt den Puppen natürliche Gesichter.

Barbie läuft neuerdings auf flachen Schuhen durch die Welt und die britische Spielzeugfirma Makies produziert Puppen mit Hörgeräten oder Feuermal im Gesicht. Auch den Bratzpuppen scheint eine Überholung bevorzustehen, wie die Webseite des Spielzeugherstellers derzeit ankündigt. Bratzpuppen sind als Konkurrenz zur Barbiepuppe entstanden.

Einen Baustein für diese »Puppenrevolution« hat eine junge Künstlerin gesetzt, die mit ihrer Familie auf Australiens größter Insel Tasmanien lebt. Die Kreationen der Australierin werden im Internet millionenfach geteilt, ein Film über ihre Arbeit ist auf Youtube bereits über 14 Millionen Mal geklickt worden.

Sonia Singh begann in ihrer Freizeit kaputte Bratzpuppen zu restaurieren, nachdem sie vergangenen September ihren Job als Wissenschaftlerin verloren hatte. Doch die Australierin repariert dabei nicht nur gebrochene Beine oder näht zerrissene Kleider. Sie gibt den Puppen eine Generalüberholung. »Ich rette die Puppen aus dem Müll und gebe ihnen eine zweite Chance zu spielen«, schreibt sie auf ihrer Internetseite. Dafür schminkt sie das Gesicht der Puppen mit Nagellackentferner ab und malt mit Farbe und Pinsel ein neues, natürliches Gesicht mit normal großen Augen und Augenbrauen und ungeschminkten Lippen. Auch die Haare werden kindlicher gestaltet mit dicken Zöpfen oder Pferdeschwänzen. An die Füße bastelt die Australierin öfter mal Gummistiefel, damit die Puppen »bereit für ein Abenteuer im Freien« sind. Ihre Mutter strickt für die Puppen neue Pullover und näht Latzhosen, die eng anliegenden Hosen und Miniröcke haben ausgedient.

Ihre Schwester und sie seien mit Second-Hand Puppen und selbstgemachten Spielsachen aufgewachsen, sagt die Künstlerin. »Es macht mir Spaß, alte Gegenstände zu reparieren und wieder zu nutzen und ihnen somit ein zweites Leben zu geben.« So sei die Idee für ihre »Tree Change Dolls« entstanden, die statt Glamour-Look nun bodenständige Gesichter und Kleidungsstücke erhalten.

Die Australierin, deren Arbeit inzwischen auch in die weltweite Debatte miteinbezogen wird, mit welchen Spielzeugen Kinder spielen sollten, produziert trotz der internationalen Resonanz auf ihre Arbeit nach wie vor Einzelstücke. Stehen neue Puppen in ihrem Internetladen zum Verkauf, sind die deswegen meist in wenigen Minuten ausverkauft.

Derzeit überlegt Sonia Singh noch, wie sie ihre Geschäftsidee in eine nachhaltige, größere Produktion umwandeln könnte, doch ihre Ideen und vor allem die Debatte, die sie mit ihrer Arbeit angefeuert hat, scheinen die großen Spielwarenhersteller bereits beeinflusst zu haben.

So brachte US-Spielwarenhersteller Mattel gerade eine neue Reihe seiner berühmten Barbies heraus, die statt Stöckelschuhen nun flache Schuhe tragen und zudem mehr Diversifikation bieten sollen: Die 23 neuen Barbies haben 14 unterschiedliche Gesichtsausdrücke, acht verschiedene Hautfarben, 18 Augenfarben, 22 Frisuren und 23 Haarfarben und sollen Frauen authentischer darstellen. Ein kleiner Schritt für Barbie, aber ein riesengroßer für alle Frauen, wie das Frauenmagazin »Cosmopolitan« auf seiner US-Webseite als Reaktion schrieb.

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